Energiewende: Was will Merkel?
Bundeskanzlerin kündigt "Reformen" an, vermeidet aber jede öffentliche Festlegung
Angela Merkel kündigt in einem Interview mit der Rheinischen Post "eine grundlegende Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetz" (EEG) an, und zwar "sofort nach der Wahl". Weshalb? "Um den Strompreisanstieg zu bremsen." Nicht etwa, um das EEG den durch den schnellen Ausbau veränderten Bedingungen anzupassen; Anreize für Großverbraucher zu schaffen, sich dem Angebot anzupassen; Speicher und Gaskraftwerke zu fördern, oder ähnliches. Auch nicht, um den weiteren Anstieg des Strompreises aufzuhalten, weil die Berechnungsgrundlage der EEG-Umlage zu einer Umverteilung von den privaten Verbrauchern und kleinen Gewerbetreibenden zu den Großverbrauchern führt, ohne den Erneuerbaren zu nützen. Nein: "um den Strompreisanstieg zu bremsen". Eine typische Merkelsche Nullaussage.
Auch darüber, wie denn nun das EEG "reformiert" werden soll, lässt sie den Leser im Unklaren (und der Interviewer vermeidet jede kritische Nachfrage). Bloß nicht kurz vor der Wahl den Bürger mit irgend welchen Fakten belasten. "Reform" hört sich doch gut an. Keiner, der sich mit der Materie ein wenig auskennt, kann abstreiten, dass das EEG mal wieder angepasst werden muss. Das passiert übrigens durchaus öfter. Mechanismen dafür wurden sogar schon frühzeitig in das Gesetz eingebaut. So ist unter anderem vorgesehen, dass der Umweltminister regelmäßig Bericht erstattet und dieser dann als Grundlage für die Diskussion über eine Gesetzesnovelle dient.
Aber im Grunde genommen tut man der Frau Unrecht, wenn man meint, sie habe nichts gesagt. Immerhin hat sie eine grundlegende Veränderung angekündigt - und ihre Auftraggeber wissen schon, was damit gemeint ist. Schließlich ist ihre Nähe zu den großen Energiekonzernen kein Geheimnis. Abzulesen nicht nur an der Vertraulichkeit, die sie mit dem ehemaligen RWE-Chef Jürgen Großmann verband, sondern auch an der Tatsache, dass sie sich nach der letzten Wahl daran machte, die AKW-Laufzeiten zu verlängern. Zuvor hatte sie allerdings das Thema im Wahlkampf tunlichst vermieden, aber wer es wissen wollte, hatte es aus Äußerungen von Unionspolitikern auch im Voraus wissen können.
Genauso ist es dieses Mal. Die Energiewende ist bei den Menschen nach wie vor populär, wie auch die neuesten Meinungsumfragen wieder zeigen. Also unterlässt Merkels es tunlichst, ihre Absichten klar und deutlich zu formulieren. Stattdessen vermittelt sie in der Öffentlichkeit den Eindruck, sie sei die Kanzlerin der Energiewende. Alle Angriffe auf den Ausbau der Erneuerbaren überlässt sie ihren Ministern und vor allem der FDP. Und so werden dann am Sonntag vermutlich viele konservative Freunde der Energiewende, Bauern, die von Solar-, Biogas- oder Windkraftanlagen profitieren, zum Beispiel, am Sonntag die Unionsparteien in der irrigen Annahme wählen, ihre Interessen seien dort gut aufgehoben.