Erneuerbare: Rund 50 Prozent Grünstrom
Trotz zahlreicher Hindernisse und viel Gegenwind von den politisch Verantwortlichen steigt der Anteil der erneuerbaren Energieträger an der Stromversorgung im ersten Halbjahr deutlich
Obwohl der Ausbau der Wind-, Solar- und Biomasseenergie nur noch sehr schleppend voran kommt, wächst die Stromerzeugung der erneuerbaren Energieträger weiter kräftig. Das geht sowohl aus den Zahlen des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) als auch aus denen des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme (Fraunhofer ISE) hervor.
Der BDEW teilt dieser Tage mit, dass im ersten Halbjahr 2019 44 Prozent des Bruttoinlandsverbrauchs von den erneuerbaren Energieträgern abgedeckt wurde. Dazu gehört neben den genannten auch die Wasserkraft. Das wäre gegenüber dem ersten Halbjahr 2018 eine Zunahme von fünf Prozentpunkten.
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt man am Fraunhofer ISE. Dort betrachtet man allerdings die Nettoerzeugung. Das wäre der Bruttoinlandsverbrauch plus dem Exportsaldo (knapp 20 Milliarden Kilowattstunden wurden im ersten Halbjahr unterm Strich exportiert), minus des Eigenverbrauchs der Kraftwerke.
Nach den Daten des Fraunhofer ISE betrug der Anteil der Erneuerbaren Energieträger an der Nettoerzeugung für das öffentliche Netz im ersten Halbjahr 2019 sogar 47,3 Prozent. Fast die Hälfte des erzeugten Stroms wird demnach bereits von den sauberen Energieträgern geliefert.
Berücksichtigt man außerdem, dass Deutschland viel mehr Strom aus- als einführt, lässt sich sagen, dass die 50-Prozent-Marke bereits erreicht ist: Rund die Hälfte des Nettoinlandbedarfs im öffentlichen Netz wurde im ersten Halbjahr 2019 mit Grünstrom gedeckt.
Es lässt sich sicherlich prächtig streiten, welche Größe sinnvoller ist. Doch wichtiger ist eigentlich, dass sie unterschiedliche Anwendungen haben. Der Bruttoinlandsverbrauch ist insofern wichtig, als es die Größe ist, auf die sich die gesetzlichen und politischen Vorgaben beziehen.
Zum Beispiel die im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) fixierten Ziele. Wenn es dort heißt, bis 2025 solle ein Anteil von 40 bis 45 Prozent der Erneuerbaren an der Stromversorgung erreicht werden, dann ist damit der Bruttoinlandsverbrauch als Bezugsgröße gemeint.
(Und es wird deutlich, dass es höchste Zeit für ehrgeizigere Ziele ist. Denn: "Dieser Ausbau soll stetig, kosteneffizient und netzverträglich erfolgen." Tatsächlich wird er aber gerade verunstetigt, was insbesondere bei den Anlagenherstellern der Windenergie Arbeitsplätze gefährdet. Zudem könnte der Solarausbau schon bald wieder zusammenbrechen, wenn der Ausbaudeckel für Sonnenstrom nicht auf- oder zumindest deutlich angehoben wird.)
Für die Betrachtung des Nettoinlandsverbrauchs spricht hingegen die Tatsache, dass die Kohle- und Atomkraftwerke einen erheblichen Eigenverbrauch haben. Bruno Burger vom Fraunhofer ISE geht davon aus, dass ein Braunkohlekraftwerk gut sieben Prozent des erzeugten Stroms selbst verbraucht. In einem AKW sind es immer noch mehr als fünf und in einem Steinkohlekraftwerk sogar über acht Prozent.
Oder mit anderen Worten: Durch die Abschaltung dieser Anlagen sinkt der landesweite Strombedarf um einige Prozent. Um die Anlagen durch Erneuerbare zu ersetzen, muss ihre Produktion also nicht vollständig von Sonne, Wind & Co. übernommen werden.
Andererseits gehört zu einer vollständigen Bilanz natürlich auch, dass der Übergang auf eine vollständige Versorgung durch die Erneuerbaren den Speicheraufwand und die damit verbundenen Verluste deutlich erhöht.
Und schließlich wäre da noch zu berücksichtigen, dass diese Statistik nur für das öffentliche Netz gilt. Zusätzlich zu den dort verteilten rund 600 Milliarden Kilowattstunden wurden 2017 noch etwa 35 Milliarden Kilowattstunden in Kraftwerken der Industrie für den Eigenverbrauch produziert. Meist übrigens in nur zu etwa 40 Prozent ausgelasteten Gaskraftwerken. Aber das alles ist eine andere Geschichte.