Ex-Schatzmeister der spanischen Regierungspartei wegen Schwarzgeld im Knast
Es wird nun gefährlich für Ministerpräsident Rajoy, der wie andere Parteiführer Schwarzgeld erhalten haben soll, da Bárcenas für den Fall gedroht hatte, die "Atombombe" zu zünden
In Spanien wurden dem Ermittlungsrichter Pablo Ruz die Winkelzüge des früheren Schatzmeisters der regierenden Volkspartei (PP) zu bunt. Er schickte Luis Bárcenas wegen "einer hohen Flucht- und Verdunkelungsgefahr" in Untersuchungshaft. Am späten Donnerstagabend wurde er ins Gefängnis Soto del Real gefahren, das 43 Kilometer nördlich der Hauptstadt Madrid liegt.
Bárcenas verstrickt sich immer tiefer in Widersprüche. Nachdem in der Schweiz ein weiteres Konto mit 22 Millionen Euro aufgetaucht war, hatte ihn Ruz erneut vernommen. Erstaunlich war, dass die Nebenklage die Inhaftierung beantragt hatte und nicht der Vertreter des Ministeriums für Staatsanwaltschaft.
Bau-Boom: Hohe Bargeldsummen verteilt; das dickste Paket für den Ministerpräsidenten
Dass Bárcenas hohe Bargeldsummen in Briefumschlägen in der Parteiführung verteilt hat, ist längst bekannt. Ministerpräsident Mariano Rajoy ist schwer unter Druck, denn er soll gemäß der Schattenbuchführung sogar die höchste Gesamtsumme erhalten haben. Die Opposition fordert erneut den Rücktritt von Rajoy und anderen PP-Führern.
Für den Chef der Vereinten Linken Cayo Lara müssen auch die Generalsekretärin, der Finanzministers und andere Regierungsmitglieder zurücktreten, weil sie die "Öffentlichkeit bewusst belogen haben, um Bárcenas zu schützen", sagte er heute. Die Sozialisten haben bisher noch nicht Rajoys Rücktritt gefordert, dabei hatten sie das wegen der Schwarzgeldkonten schon im Februar getan.
Die Summe, über die Bárcenas verfügte, ist nun schon auf fast 48 Millionen Euro gestiegen, weil immer neue Konten in der Schweiz, den Bahamas, den USA und Uruguay auftauchten, wohin Geld aus der Schweiz verschoben wurde. Die Ermittler gehen davon aus, dass es sich um Einnahmen der Partei aus illegalen Zahlungen von Unternehmen handelt.
Die seien vor allem im Bau-Boom geflossen, um an lukrative öffentliche Aufträge zu kommen. Zunächst hatte ein Rechtshilfeersuchen in der Schweiz ergeben, dass Bárcenas bei der Dresdner Bank in Genf über 22 Millionen Euro verfügte. "Über Millionen in der Schweiz zu verfügen, ist keine Straftat", argumentierte Bárcenas Anwalt Alfonso Trallero gegen die Inhaftierung. Das stimmt, wenn man die Herkunft und den Nachweis erbringen kann, dass sie ordnungsgemäß versteuert wurden.
Daran scheitert Bárcenas. Die Ermittler haben frühere Behauptungen zerpflückt, er habe die Millionen auch über den Verkauf von Kunstgegenständen erworben. Die angebliche Kunsthändlerin Isabel Mackinlay gab zu, für 1.500 Euro entsprechende falsche Dokumente unterschrieben zu haben. Doch die Argentinierin ist nur Malerin und Restauratorin und kennt weder Bárcenas noch hat sie je Bilder gesehen. Abgewickelt habe den Vorgang der Strohmann Patricio Edgardo Bel.
Der Schatzmeister, der viel weiß
Der arbeitet mit Ángel Sanchis zusammen, einst ebenfalls PP-Schatzmeister, gegen den auch wegen der Schwarzgeldkonten ermittelt wird. Sanchis verfügt über riesige Ländereien in Argentinien, die mit Schwarzgeld gekauft worden sein sollen. 3,5 Millionen Euro flossen aus der Schweiz von Bárcenas Konten an dessen Firma "La Moraleja".
Mit den angeblichen Kunst-Deals wurde auch zu rechtfertigen versucht, dass Bárcenas Ehefrau Rosalía Iglesias 560.000 Euro in bar 2006 bei der Caja Madrid (heute Bankia) einzahlte. Sie wird nun vom Richter wegen Urkundenfälschung, Geldwäsche, Steuerhinterziehung und anderer Delikte beschuldigt. Die Kunsthändlerin Susana Mantecón bestritt vor dem Ermittlungsrichter Ruz, jemals Gegenstände von Bárcenas gekauft zu haben, den sie auch nicht kenne.
Die PP-Führung, allen voran Rajoy, befinden sich nun in der Zwickmühle. Bisher schweigen der Regierungschef und seine Partei beharrlich. Lange versuchten sie ihren Ex-Schatzmeister zu schützen, der viel weiß. Bis im vergangenen Dezember war er bei der PP beschäftigt, wie monatliche Zahlungen an die Sozialversicherung belegt haben.
Nach Angaben der Partei hatte er sie angeblich schon 2009 nach seinem erzwungen Rücktritt vom Schatzmeisteramt verlassen. Ein Korruptionsskandal war aufgeflogen und Bárcenas soll vom Unternehmer Francisco Correa 1,35 Millionen Euro erhalten haben. Dass er weitere Jahre ein hohes Gehalt bezog, er in der PP-Zentrale in Madrid eine Sekretärin, ein Büro und einen Dienstwagen hatte, wurde stets so gewertet, dass man sein Schweigen erkaufen wollte.
Aufnahmen mit Selbstbeschuldigungen hatte ein PP-Stadtrat der Justiz zur Verfügung gestellt, der über die Korruption in der PP entsetzt war. Zudem hat Jorge Trías Sagnier, Ex-Parlamentarier der PP, die Praxis von hohen "Zusatzgehältern" in Bargeldumschlägen öffentlich gemacht, die Bárcenas verteilte.
Er bestätigte Ruz, dass die von der Zeitung El País veröffentlichte handschriftlichen Dokumente von seinem "Freund" Bárcenas stammen. Der hatte sie ihm früher gezeigt. Darin sind die Einnahmen und Ausgaben der Schwarzgeldkonten verzeichnet. Schriftgutachter schreiben sie ihm eindeutig zu und einige derer, die Geld erhielten haben das auch gegenüber dem Ermittlungsrichter eingeräumt, wie etwa der Senatspräsident Pío García‑Escudero.
Die Nerven liegen nun blank
Viele in der PP längst haben längst die Nase voll. Man dürfe sich nicht länger von Bárcenas erpressen lassen, sagen sie hinter vorgehaltener Hand. Der hatte gedroht, eine "Atombombe" platzen zu lassen, würde er inhaftiert und zum Sündenbock für illegale Parteienfinanzierung gemacht.
Die Nerven liegen nun blank in der Partei. Sie fürchtet Bárcenas Rache, über die Rajoys stürzen würde. Die PP-Chefin im Baskenland brachte die Stimmung schon am vergangenen Montag auf den Punkt. Es sei "Brechreiz erregend" und "Parteimitglieder sind vom Fall Bárcenas angeekelt", sagte sie. Arantza Quiroga forderte von Rajoy, reinen Tisch zu machen. Die PP habe viel Vertrauen verspielt, wofür "einige" verantwortlich seien.