Extremer Brand-August in Portugal
Brandstiftung lohnt sich wieder, es fehlen aufgrund der Sparpolitik der Vorgängerregierung Prävention und Mittel zur Brandbekämpfung
Portugal erlebt einen fatalen Brandsommer. Einige Zahlen machen dies sehr deutlich. Kürzlich hat das portugiesische Institut für den Schutz der Umwelt und der Wälder einen vorläufigen Bericht veröffentlicht. Vom 1. Januar bis zum 15. August seien demnach mehr als 103.000 Hektar den Bränden zum Opfer gefallen, das sind fast 150.000 Fußballfelder. Schon bisher ist somit dreimal so viel Wald abgebrannt, als im Durchschnitt der letzten zehn Jahre. Die Fläche ist noch größer als im Jahr 2010, als das Land ebenfalls viele Waldbrände erleiden musste.
Nach Angaben des Europäischen Waldbrandinformationssystems (EFFIS) befindet sich mehr als die Hälfte der in ganz Europa abgebrannten Waldfläche in Portugal. Da es nun nach einer gewissen Entspannung mit Höchsttemperaturen von bis zu 38 Grad wieder extrem heiß ist, weist die EFFIS-Gefahrenkarte die Lage in großen Teilen des Landes mit einer hohen bis extremen Brandgefahr aus. Von 12 Bränden, die EFFIS seit Wochenanfang bisher in Europa aufführt, fanden sich zehn in Portugal und zwei beim spanischen Nachbarn.
Auch eine falsche Aufforstung begünstigte die Brände
Die Wälder sind extrem ausgetrocknet, es reicht sprichwörtlich oft ein Funke, um einen Brand auszulösen. Die Sparauflagen, die dem Krisenland unter Troika-Aufsicht auferlegt wurden, sorgten dafür, dass an der Prävention, an Mitteln und Einsatzkräften gespart wurde. Unterholz, das nicht beseitigt wird, sorgt genauso für das schnelle Ausbreiten von Bränden wie fehlende professionelle Brandbekämpfer. Feuerwehren bilden meist Freiwillige.
Dazu kommt eine falsche Aufforstung. Die konservative Vorgängerregierung hatte auch das Anpflanzen von Eukalyptus wieder erlaubt, das die Papierindustrie besonders nachfragt. Und so wurde es auch wieder lukrativ, andere Wälder abzubrennen. Eukalyptus wächst schnell und die abfallende Rinde, in der sich viel Öl befindet, brennt wie Zunder. Letztlich sorgen die Waldbrände auch zur weiteren Ausbreitung dieser Bäume, die den Boden zudem extrem entwässern. Sie überstehen das Feuer besser und ihre Samen brauchen die Hitze sogar, um aufgehen zu können.
Das explosive Gemisch wird überdies durch fehlende Löschhubschrauber und Flugzeuge ergänzt. Auch darauf hatte im Juli erneut die Umweltorganisation Quercos nach Bränden in Naturschutzgebieten hingewiesen und beklagt, dass das "chronische Fehlen von Prävention Jahr für Jahr zur Zerstörung der Naturschätze führt". Allerdings lag zu diesem Zeitpunkt die abgebrannte Fläche noch unter dem Durchschnitt.
Im August brach dann die Feuerhölle über Portugal herein, wie es Quercos erwartet hatte. Es fehlten nur eine Hitzewelle und Wind. Und so brannten in den ersten 15 Tagen mit mehr als 95.000 Hektar 93 Prozent des gesamten Waldes in diesem Jahr ab. Besonders hart betroffen von den Bränden war dabei mit fast 42.000 Hektar der nordportugiesische Distrikt Aveiro. Hier brannten in zwei Wochen sogar mehr Fläche ab als im Brand-August 2013 im gesamten Land.
Fehlende europäische Solidarität
Als die oft durch Brandstiftung verursachten Brände wüteten, war man in Portugal allerdings erneut über die fehlende europäische Solidarität entsetzt. Auf Hilferufe aus Lissabon reagierten nur Spanien und Italien, die einige Löschflugzeuge abstellten, dazu zeigten sich auch Marokko und Russland solidarisch, die ebenfalls Flugzeuge schickten. Nicht einmal als die Flammen massiv auf der Urlaubsinsel Madeira wüteten und die gesamt Altstadt der Hauptstadt Funchal bedrohten, änderte sich das Verhalten in Europa. Dabei mussten mehr als 1000 Menschen, darunter viele Touristen, evakuiert werden, darunter auch zwei Krankenhäuser. Unter den mindestens fünf Todesopfern gab es allein drei in Funchal, wo etwa 200 Gebäude abgebrannt sind. Mehr als 300 Menschen wurden allein auf Madeira verletzt.
Dass die Brände auch in Madeira unter Kontrolle gebracht werden konnten und nun auch schneller und effektiver im ganzen Land bekämpft werden können, dafür sind viele in Portugal besonders Russland dankbar. Das Land hat am 13. August zwei Löschflugzeuge Berijew Be-200 entsandt. Die sind sehr effizient. Acht Tanks können in nur 18 Sekunden mit 12.000 Litern Löschwasser gefüllt werden.
Russland hat die Maschinen auch im Land belassen, nachdem sich die Lage zunächst entspannt hatte, während Italien und Marokko die Maschinen wieder abberufen haben. Spanische Maschinen operieren aus Spanien weiter in der Grenzregion. Die russischen Löschflugzeuge sorgten am Dienstag unter anderem dafür, einen Großbrand unter Kontrolle zu bringen, der am Dienstag noch den Naturpark Serra da Estrela und zwei Gemeinden mit 28.000 Einwohnern bedrohte.
Die neue sozialistische Regierung, die sich von der Austeritätspolitik der Vorgänger verabschiedet, steht hier vor einem riesigen Problem, da sich die Lage durch die Klimaveränderungen weiter zuspitzt. Viele Experten hatten schon im vergangenen Jahr in einer Studie darauf hingewiesen, dass zwischen den Jahren 2000 und 2013 insgesamt 1,3 Millionen Hektar Wald abgebrannt sind, das waren fast 15 Prozent der Landesfläche.
Die Studie untersuchte Waldbrände in Spanien, Frankreich, Griechenland Italien und Portugal in dieser Zeit. Auf Portugal entfielen mehr als 10.000 und damit deutlich mehr als Hälfte aller Brände. Die Klimaveränderungen könnten dazu führen, dass sich bis 2075 die abgebrannten Flächen sogar verdreifachen könnten. Empfohlen wird neben Prävention und einer effektiven Brandbekämpfung die Aufforstung mit Mischwäldern.