Filesharing: 8.000,- € Lizenzschaden für Computerspiel
Landgericht Stuttgart veranstaltet Massaker
Kurz vor Halloween sorgt eine für Filesharing-Abmahnungen bekannte Kanzlei für Gruseln: Unter der Headline LG Stuttgart: 8.000 EUR Schadensersatz wegen Filesharing – für Täter wird`s teuer jagen die Hamburger Anwälte den Internetnutzern einen gehörigen Schrecken ein. Solche Horrormeldungen sollen Abmahnopfer dazu bewegen, auch ohne lästigen Gang vor Gericht gefälligst zu zahlen. Trick or Treat ist für Abmahner deutlich attraktiver, während Klagen in diesem Bereich oft genug vergeblich sind.
Im dem Fall aber, den das Landgericht Stuttgart zu entscheiden hatte, war die Zuordnung der Tat zum Filesharer unstreitig - eine Hürde, an der wohl die meisten anderen Filesharingklagen scheitern. Filesharer war der zur Tatzeit minderjährige Neffe des Anschlussinhabers, der ein Computerspiel im Wert von ca. 20,- € heruntergeladen und mindestens sechs Wochen auch anderen zum Download bereit gehalten hatte.
Das Landgericht Stuttgart sah den Neffen des Anschlussinhabers im Gegensatz etwa zu einem Sohn nicht vom Schutz der Famlilie aus Art. 6 GG erfasst, was Überwachungspflichten relativiert hätte. Auch hätte sich der Onkel nicht darauf verlassen dürfen, dass seine Schwester ihren Filius hinreichend über die Gefahren des Internets belehrt habe. Der Onkel, der bereits seit Modem-Zeiten das Internet nutzte und ungleich erfahrener als die Mutter war, hätte dem Gericht zufolge dem Gamer die rechtswidrige Teilnahme an Internettauschbörsen verbieten müssen. Die Erklärung gegenüber der Schwester, er wolle keinen Ärger mit (Musik-)Downloads, reiche nicht aus.
Nachdem die Anwälte dem anfänglich leugnenden Filesharer vor Gericht die Halloween-Maske vom Gesicht gerissen hatten, langten sie auch tief in den Süßigkeitenbeutel. Hatte kürzlich noch ein technisch versierter Amtsrichter ebenfalls aus Stuttgart als Lizenzschaden nur einen Bruchteil des Ladenpreises in Betracht gezogen, so richtete das Landgericht geradezu ein Blutbad an: Es sei davon auszugehen, dass das Videospiel rund 400 Mal herunter geladen worden sei, was zu entsprechenden Lizenzeinsparungen geführt habe. Mithin brummte es dem jungen Mann allein dafür einen üppigen Schadensersatz in Höhe von 8.000,- € auf.
Ganz so überzeugend ist diese Schadensberechnung nicht. Denn da Filesharer üblicherweise ein Vielfaches von dem herunterladen, was sie sich finanziell leisten könnten, oder ihre Software prinzipiell nur "für lau" beschaffen, hätte der Großteil der Filesharer das Computerspiel ohnehin nicht gekauft. Das hätten sich die Richter von ihren Kindern und Neffen erklären lassen können - in den Spielpausen, verstehet sich.
LG Stuttgart, Urt.v. 26.08.2015, 24 O 179-15