Frauen, hart am Code
Girls who Code haben ein Video produziert, das das Internet zeigen soll, wie es ohne Frauen aussehen würde. Also, ohne deren Programmiertätigkeiten
Missing Code ist eine Kampagne von Girls who Code und soll zur Computer Education Week zeigen, wie das Internet aussähe, wenn Frauen nicht 26 Prozent des Codes für seine Services beisteuern würden. Das ist löblich, denn nach wie vor ist der Männerüberschuss in der IT frappant und alles andere als ausgeglichen in der Geschlechterverteilung.
Das Video zeigt ein sich auflösendes Web und munter herunterkullernde Bildschirmelemente von Netflix, Google und anderen Online Basispunkten. Das würde alles in Chaos geraten und nicht mehr funktionieren, wenn es nicht die wenigstens 26 Prozent (von der New York Times geschätzt) Anteil an Programmiercode gäbe, der durch Frauenhände entstand. Das ist eindrucksvoll und gleichzeitig ein Ärgernis, wie das dargestellt wird.
Munter bedient das Video die alten Geschlechtermodelle. Alles wäre durcheinander und läge dreckig darnieder, wenn nicht die säubernde und ordnende Hand von Mutti dazwischen ginge und für einen sauberen IT Haushalt sorgte. Meine Damen, muss es denn wirklich sein, so tief in die Klischee-Kiste zu greifen, Frauen wieder in die Nähe eines Putzwedels zu rücken und nicht lieber doch auf den Beitrag in gleicher Augenhöhe mit Männern hinzuweisen?
Ich war beim Anschauen wirklich genervt. Gute Absicht, richtige Bemerkung, aber leider Kommödienstadel in der Umsetzung. Frauen arbeiten ein Viertel des notwendigen Codes ab, um das Netz in Schwung zu bringen. Das kann ich auch darstellen, wenn ich ein Viertel des Bildschirms abdunkle, anstatt Männerunordnung zu zeigen, die bei Abwesenheit von Frauencode entsteht. Wir sind im 21. Jahrhundert gelandet, da braucht es doch nun wirklich keine Klischeebratzen mehr, um allen etwas unter die Nase zu reiben.
Sonst müsste ich einfach dagegenhalten, dass Innovation ohne die ständige Schlamperei von Männern gar nicht nicht möglich wäre. Hätten zum Beispiel die – männlichen – Entwickler der Hurricane nicht Holz statt Metall für den Flugzeugrumpf genommen, wären die deutschen Geschosse in der Luftschlacht über England stecken geblieben und wären ordentlich explodiert anstatt durchzuschlagen und keinen Schaden anzurichten. Das war kriegsentscheidend. Mindestens zu 25 Prozent. Ein blödes Beispiel, klar, vielleicht noch blöder als die schiefe Netflix URL im Missing Code Video. Und klar, wenn man eine Kampagne startet, dann muss man Schwarz-Weiß malen. Sonst funktioniert das alles nicht.
Trotzdem: Gleichberechtigung in der IT bedeutet, dass weibliche Developer nicht auf das Aufräumen und Ordnen von Applikationen reduziert werden. Sie liefern grossartige Arbeiten, von Grund auf. Sie tun das anteilig noch zu wenig, weil es zu wenige Frauen in diesem Beruf gibt. Nach wie vor. Aber deshalb muss man doch die bereits tätigen nicht wie Putzfrauen darstellen.
Ich reg mich ja schon nicht mehr auf. Atme, Harald, atme ruhig.