Fuck Fake

Darauf muss man einfach nur kommen. Die WHO treibt sich auf Tik Tok herum, um gegen Fake News über COVID-19 anzugehen

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In China, wo alles, das uns jetzt gerade in Beschlag nimmt, seinen Anfang genommen hat, sieht man eine Simulationsapp von Plague Inc. nicht mehr sehr gerne. Sie wurde deshalb aus den App Stores entfernt. Eine Pandemie auf dem iPhone zu simulieren, ist vermutlich derzeit nicht gerade die geschmackvollste Zeitbeschäftigung. Man kann trotzdem über die Art und Weise diskutieren, in der vielleicht am falschen Hebel gezogen wurde. Vermutlich wird das das Virus auch nicht stoppen. Streng genommen handelt es sich bei solchen Simulationen um eine Spielart von Fake News. Vor allem wenn Nutzer die Ergebnisse dieser App mit einem "Ich habe das durchgespielt, wir sind alle verloren" in die kranke Welt hinaus blasen.

Dabei ist man, was den Einsatz von halbgetesteter Technik zum Kampf gegen COVID-19 betrifft, derzeit nicht so pingelig. Die US-Gesundheitsbehörde FDA lässt momentan schon einmal ein Testverfahren auf den Markt, auch wenn die Tests dazu noch gar nicht komplett abgeschlossen sind. Da könnte schon auch das eine oder andere Fake-Ergebnis entstehen, aber es dient einem guten Zweck, solange es eher anschlägt als durchwinkt. Zudem dürften in diesem beschleunigten Verfahren nur Labors berücksichtigt werden, die schon einen gewissen Track-Record haben, komplexe Tests auf den Markt zu bringen. Streng nach der umgedrehten Devise "Wer einmal lügt, dem glaube nicht, auch wenn er dann die Wahrheit spricht". Fake in Ehren, die größere Sache erlaubt einen klaren Schritt nach vorne. Wir wollen ja etwas gegen eine Pandemie tun, nicht nur das perfekte Testverfahren dazu entwickeln.

Dabei wäre es vielleicht gut, ein Fake-News-Testverfahren in Umlauf zu bringen. Was man nicht alles lesen und hören kann. Bill Gates habe das Virus verbreitet, es sei eigentlich gar nicht gefährlich, alles nur ein Marketinggag einer Biermarke, und so weiter, und so weiter, und ... alles Blödsinn. COVID-19 ist in der Wuhan-Provinz auf den Menschen übertragen worden, löst vor allem unter Älteren eine Mortalitätsrate wie die Spanische Grippe aus. Deshalb versuchen wir alle, die Ausbreitung weiter zu verhindern, und sei es nur damit, dass wir uns endlich mal wieder die Hände zu waschen.

Auch wenn 80 Prozent der Erkrankten keine Symtome zeigen und auch unter den verbleibenden 20 Prozent eine gute Chance besteht, kaum etwas vom Virus zu merken. Es gibt MItmenschen, die das sehr wohl tun und dafür mit ihrem Leben bezahlen. Inzwischen weltweit. Da darf man schon einmal wie in der Schweiz ansteckungsgefährliche Großveranstaltungen absagen und sich am Riemen reißen. Ohne gleich zum Hamsterkauf zu neigen und dann die folgenden 16 Monate von Pasta und Dosentomatensoße leben zu müssen.

Zurück.

Das WHO tut nun seinen Teil dazu, Fake-Fighting zu betreiben. Auf TikTok. Die Weltgesundheitsorganisation ist nicht die erste ihrer Art, die Social Media für das Geraderücken von verbreitetem Blödsinn nutzt, aber sie tut es konzentriert und umfassend auf TikTok und anderen Kanälen.

Man liest das und denkt sich: Hey, habe ich da was nicht mitgekriegt oder wäre das nicht prinzipiell eine gute Idee, auch mal etwas die ganze Fake-Maschinerie entgegenzusetzen? Wäre das nicht auch einmal eine Strategie, gegen rechtsradikalen Blödsinn verstärkt vorzugehen. Jajaja, ich höre schon sagen: Das ist doch naiv, da ist soviel Getrolle da draußen, das schaut doch eh keiner an ... vielleicht nicht ganz. Ich darf an die durchaus auch witzige Aktion von Dennis Lück, Chief Creative Officer Jung von Matt/Limmat erinnern, der vor sichtlich rassistischem YouTube-Material per Werbeclip Video-Statements von Immigranten geschaltet hat. Zum Geraderücken. Weil dann ein Hakenkreuznarr vielleich immer noch das folgende Video anschaut, aber zumindest eine Gegenstimme vorher mitgenommen hat.

Vielleicht heilt das kaum, schaden tut es sicher nicht.