Für andere schürfen

Neben der Spur

Klar arbeiten wir für andere, dazu muss man mir doch nicht den eigenen Computer hacken

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Muss man sich einfach mal vorstellen: Da kontaktiert mich jemand auf dem Facebook Messenger (was je eh schon eine Frechheit für sich ist ... was jetzt wieder eine andere Geschichte wäre), und dann schickt der/die mir einen Link zu einer Malware, die sich auf meinen Computer schleicht und böse Dinge darauf tut. Das heißt, soooo böse wäre es auch wieder nicht, hätte ich nur selbst einen Nutzen davon. Denn das digitale Hintertürchen auf meinem Laptop wurde aufgestoßen, damit ich zusammen mit anderen Opfern auf der Welt für diese Kerle mit den bösen (also egoistischen) Absichten BitCoin schürfen gehe. Und zwar, ohne dass ich das weiß, und ohne dass ich etwas davon habe.

Gut, es passiert mir ja täglich, dass jemand an meiner Haustüre klingelt, sich nicht einmal vorstellt, sondern mich einfach wortlos beiseite schiebt und dann zu meinem Kühlschrank geht, um von dort die kalten Getränke auf den Tisch zu stellen und eine kleine Spontanfete ohne mich durchzuziehen. Daran habe ich mich ja inzwischen gewöhnt. Wir haben schließlich alle mal in einer WG gewohnt, das ist nichts Ungewöhnliches.

Aber der Unterschied liegt ja hier schon darin, dass man das damals oder wie in diesem Fall heute zumindest noch mitbekommen hat und sich darüber aufregen konnte. Und darin liegt auch der Denkfehler der schlimmen Burschen. Sie versuchen böse zu sein.

Dabei machen wir doch tagein, tagaus nichts anderes, als für andere zu arbeiten und uns darüber nicht einmal aufzuregen, wenn wir nur einen Bruchteil des dabei Entstehenden fair aufgeteilt bekommen. Das lässt uns doch eigentlich kalt. Im Gegensatz zu dieser Malware nimmt das auch noch einen Großteil unserer aktiven Zeit ein, und es kümmert uns nicht einmal wirklich. Der Unterschied ist hier vielleicht nur, dass wir es ansonsten ziemlich klar gesagt bekommen:

"Du machen, Du nicht viel verdienen, aber Du machen."

Das sagt uns die Malware nicht, und das regt uns nun eben auf, denn eigentlich könnte es uns doch egal sein, ob die ungenutzte CPU-Zeit auf unseren Rechnern dazu helfen soll, Kryptowährung zu schürfen. wir haben uns ja auch früher das nette, kleine Programm SETI @home heruntergeladen, um Aliens zu sammeln und kein Mensch hat jemals die Frage gestellt, ob das Vieh uns dann auch gehört, wenn es gefunden wird, oder ob wir zumindest einen ordentlichen Preis dafür festgelegt bekommen. Aber einen mit Gewinn, bitteschön.

Also: In diesem Sinne lassen wir die Bösewichte einfach weiter schürfen ... oder, was vielleicht die bessere Variante ist: Wir fragen uns, warum wir für jemanden sofort zu arbeiten anfangen, sobald er uns nur lieb kommt. Vielleicht ist es das einfach, das Gute im Menschen, das wir schon so lange suchen ... oder wir sind schlichtweg strunzenblöd. Das könnte natürlich auch sein.