Goldene Morgenröte und die Justiz
Eine Zulassung, eine Verweigerung und ein Terrorvorwurf
Am Wochenende ließ der Areopag in Athen die Goldene Morgenröte (Chrysi Avgi) endgültig zu den Europawahlen zu. Medienberichte suggerieren, dass diese Entscheidung in einem Zusammenhang mit der Strafverfolgung gegen die Parteispitze, Abgeordnete und Funktionäre der Partei steht.
Dies ist nicht der Fall. Vielmehr entschied das oberste griechische Gericht über einen Bürgerantrag, der gegen die Teilnahme der Partei an den Wahlen gestellt wurde. Rein rechtlich konnte die Entscheidung nicht anders ausfallen. Keiner der Angeklagten ist letztinstanzlich verurteilt worden. Zudem wurde die Einstufung der Partei als "verbrecherische Organisation" noch nicht juristisch bestätigt. Als Kandidaten für die Europawahlen wurden zudem lediglich rechtlich unbescholtene und politisch bislang kaum in Erscheinung getretene Kandidaten aufgestellt.
Die Zweitpartei
Eine Ablehnung der Kandidatur wäre zudem ziemlich sinnlos gewesen, weil die Goldene Morgenröte wohlweislich eine Zweitpartei gegründet hatte. Die Griechische Morgenröte (Elliniki Avgi) stand als Reservetruppe für den Fall der Fälle bereit und war bereits zu den Wahlen angemeldet worden. Die Retortenpartei zog direkt nach der Zulassung des Originals ihre Kandidatur zurück.
Insgesamt wurden für die Europawahlen 43 Parteien und Parteibündnisse zugelassen. Interessant ist, dass die zum europäischen Bündnis der Grünen gehörenden griechischen Grünen gemeinsam mit der Piratenpartei ins Rennen gehen.
Am Montag gab es dagegen für die GM einen ernsten juristischen Dämpfer. Die Partei hatte gegen die Aussetzung der Parteienfinanzierung geklagt. Mit einer einstweiligen Verfügung sollten die seit 23.12.2013 eingefrorenen staatlichen Fördergelder erzwungen werden. Der Staatsrat, das oberste griechische Verwaltungsgericht, wies den Antrag der Partei als gegenstandslos ab. Damit kann die GM vor den Wahlen nicht mehr an die allein für 2013 zustehenden 873.114,83 Euro kommen. Dies dürfte die Partei mehr schmerzen als eine eventuelle Nichtzulassung zur Europawahl.
Der Drohbrief für die Staatsanwältin
Ergänzt wurden die juristischen Nachrichten zur GM mit einem am Montag eingetroffenen, recht seltsamem Drohbrief. Bei Staatsanwältin Efterpi Koutzamani lag ein Briefumschlag im Postfach. Darin befanden sich drei Patronen für Kalashnikov-Sturmgewehre und eine Nachricht.
Aus dem Brief ging hervor, dass - falls die oberste griechische Staatsanwältin des Areopags nicht "binnen fünfzehn Tagen die zu Unrecht Einsitzenden" befreien würde - "binnen zwanzig Monaten entweder der Minister oder die Staatsanwältin oder aber die verwickelten Untersuchungsrichter Verwandte unabhängig von deren Alter oder Geschlecht betrauern werden. Das Unrecht zerstört Familien."
Eine Erklärung für den relativ langen Zeitraum von zwanzig Monaten gab das Schreiben auch. Es sei, so schrieb der Autor des Drohbriefs, einige Zeit erforderlich, um alle Familienangehörigen und Ziele ausfindig zu machen. Unterschrieben hat das Ganze ein "Alepoudelis".
Der Deckname ist ein doppeltes Wortspiel. Zum einen verweist er auf Odysseas Elytis, einen mittlerweile verstorbenen griechischen Literaturnobelpreisträger, der familiär mit Koutzamanis die Heimatinsel Lesbos teilte. Darüber hinaus war Elytis in den Neunzigern ein glühender Unterstützer des damaligen Nea-Dimokratia-Dissidenten und heutigen Premiers Antonis Samaras.
Koutzamanis' aktueller Fall ist die Strafverfolgung der GM. Die Partei wies ihrerseits sämtliche Anschuldigungen einer Beteiligung oder Urheberschaft am Drohbrief entschieden zurück. Die GM spricht von einer Provokation und beschuldigt ihrerseits die Regierung selbst.