Haken die Börsen den Brexit schon ab?
Auch die unklare Lage im viertgrößten Euroland Spanien sorgt für keine weiteren Verluste mehr
Nach der Brexit-Entscheidung stürzten die Börsen am Freitag weltweit ab. Während der deutsche Leitindex Dax in Frankfurt etwa 6,5% in die Knie ging, verlor die Börse in Madrid mit fast 13,5% am stärksten und damit so viel wie nie zuvor. Dass auf einen "Schwarzen Freitag" gern auch ein "Panik-Montag" folgt, wurde zunächst schlimmeres erwartet. Doch zunächst startete der Dax am Montag sogar schon wieder im grünen Bereich in den Handel. Doch die Gewinne am Morgen lösten sich im Tagesverlauf wieder auf. Der Dax schloss schließlich mit 3% im Minus. Ähnlich sah es auch an den anderen Börsen in Europa aus.
Doch am Dienstag scheint man nun an den Kapitalmärkten den Brexit weitgehend abgehakt zu haben. Der Dax legte wieder knapp 2% zu und der britische FTSE stieg gestern sogar mit 2,7% noch stärker. Damit sind die Verluste seit dem Brexit schon fast wieder ausgeglichen. Dazu muss angemerkt werden, dass die Börse am Freitag mit 2% in London ohnehin kaum nachgegeben hatte. In dem Land, das angeblich die Folgen des Brexit am heftigsten zu spüren bekommen soll, sind die Kapitalmärkte offensichtlich am wenigsten erregt.
Nur klare Verluste des britischen Pfunds waren gegenüber dem US-Dollar am Freitag zu sehen, als das Pfund auf einen Kurs von 1985 stürzte. Doch die machen Produkte und Dienstleistungen von der Insel deutlich billiger und treiben die Exporte an. Und nach einer weiteren moderaten Abwertung am Montag hat sich auch die britische Währung am Dienstag nun aber wieder stabilisiert und konnte sogar wieder knapp 1% zulegen.
Diese Entwicklungen – vor allem an den britischen Kapitalmärkten - müssen auch unter dem Eindruck gesehen werden, dass vor dem Börsenstart am Dienstag zwei große Ratingagenturen den Daumen über dem Königreich gesenkt haben. Standard & Poor's (S&P) erkannte der fünftgrößten Volkswirtschaft weltweit die Bestnote "AAA" für seine Bonität ab. S&P stufte die Kreditwürdigkeit sogar um zwei Stufen herab und begründete das mit der "Unsicherheit". Nach dem Brexit befinde sich das Land in einem "weniger vorhersehbaren, weniger stabilen und weniger effektiven politischen Kontext".
Fitch sah das ähnlich, stufte das Land seinerseits aber nur eine Stufe zurück. Allerdings hatte die Agentur dem Land die Bestnote schon früher aberkannt. Fitch meint, das Wachstum werde 2017 und 2018 durch den Brexit von prognostizierten 2% auf 0,9% sinken. Beide Agenturen verwiesen auch darauf, dass Schottland sich nun in die Unabhängigkeit verabschieden könnte, womit weitere Risiken verbunden seien. Tatsächlich wollen die Schotten jetzt direkt mit der EU verhandeln. Die Regierungschefin Nicola Sturgeon reist am Mittwoch zum EU-Gipfel nach Brüssel. Sie will ein neues Referendum auf die Tagesordnung setzen, weil die Schotten mit 62% sehr deutlich für den Verbleib in der EU gestimmt haben. Das Referendum, mit dem Schottland 2014 für den Verbleib im Königreicht gestimmt hat, habe nun keinen Bestand mehr, sagte Sturgeon.
Doch eine Wirkung hatte all das an den Kapitalmärkten am Dienstag nicht. Und das galt auch für die Tatsache, dass nach den Wahlen in Spanien das viergrößte Euroland unsicheren Zeiten entgegen sieht. Denn es ist nun völlig unklar, wie nach dem zweiten Wahlgang eine Regierung gebildet werden soll.
Deshalb blickt die dritte große Ratingagentur Moody's auch wenig optimistisch auf Spanien. Eine Regierung, sollte sie nun gebildet werden können, könne angesichts der Zusammensetzung des Parlaments kaum Reformen umsetzen. Denn es gäbe in Spanien keinen Wahlsieger. Keine Partei habe eine Mehrheit und die "politische Spaltung", die es nach den Wahlen im Dezember eine Regierungsbildung verhindert hätten, "bestehen weiter".
Tatsächlich hat sich in beiden großen Machtblöcken kaum etwas verschoben. Nur hat sich die Chance für die Konservativen unter Mariano Rajoy etwas verbessert, eine Regierung zu bilden, stellt auch Moody's fest. Doch trotz dieser wenig positiven Aussicht, erholte sich auch der Ibex in Madrid und stieg um 2,5%.