Hat der Euro-Gruppen-Chef seinen Lebenslauf aufgehübscht?

Der angebliche Master in "Business Economics" an der Universität Cork wurde aus dem Lebenslauf von Jeroen Dijsselbloem gestrichen

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Auf den offiziellen Webseiten der EU wurde bisher im Lebenslauf von Jeroen Dijsselbloem angegeben, dass der neue Euro-Gruppenchef 1991 einen "Master" an irischen Universität Cork in "Business Economics" erworben habe. Das kam der irischen Tageszeitung "The Independent" doch reichlich spanisch vor, denn einen solchen Abschluss wird in Cork nicht angeboten. Inzwischen wurde der Master gestrichen und taucht nun nicht mehr auf.

Tatsächlich ist der niederländische Finanzminister Agrarökonom, wie Telepolis bei seiner Berufung vermerkt hatte. Gerade deshalb wurde an der nötigen Kompetenz für den Posten als Chef der Euro-Gruppe gezweifelt. Obwohl es sich um einen Sozialdemokraten handelt, war es der Kandidat von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie hat bekanntlich in ihrem Umfeld immer wieder mit ähnlichen Problemen zu kämpfen, dass ihre Minister sich mit fadenscheinigen Doktortiteln zieren. Die französischen Sozialisten hatten dagegen auch an Dijsselbloems Fähigkeiten gezweifelt, den Euro-Retter zu spielen, weil der Agrarökonom sogar erst wenige Monate Finanzminister war.

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Es muss sich nicht um einen Betrug zu handeln. Man fragt sich aber, ob er sich nicht bewusst zweifelhaft ausdrückt und ausgedrückt hat, um einen falschen Eindruck zu erwecken. Jedenfalls ist die neue Formulierung "1991: Business economics research towards a master's degree, University College Cork, Ireland" noch immer nicht sehr klar. Ob das eine korrekte Übersetzung des niederländischen Originals ist, darf bezweifelt werden. Denn auf den Seiten des niederländischen Finanzministeriums steht: "Doctoraalonderzoek Bedrijfseconomie, University College Cork, Ierland (1991)".

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Damit drängte sich offensichtlich auch dem deutschen Übersetzer ein sehr falscher Eindruck auf. Denn wie Telepolis festgestellt hat, steht dort noch immer: "Diplomarbeit Betriebswirtschaft, University College Cork". Man darf gespannt sein, mit welchen Begründungen a al Guttenberg, Schavan… er nun aufwartet. Erstaunlich ist, dass die Frankfurter Allgemeine Zeitung schon zum Ergebnis kommt, es handelt sich um einen "Übersetzungsfehler".

Dass europäische Spitzenpolitiker bisweilen merkwürdig zu Abschlüssen kommen, hat sich gerade auch in Portugal gezeigt. Dort musste "Superminister" Miguel Relvas nun in einer massiven Regierungskrise zurücktreten. In nur einem Jahr wurde er zum Politologen gekürt. Von 36 Prüfungen musste er nur vier ablegen, weil ihm sein "reicher Erfahrungsschatz" anerkannt wurde, darunter eine ehrenamtliche Tätigkeit als Vorsitzender eines Folklore-Tanzvereins. Erfahrung hatte er dabei, in zwei vorherigen Anläufen an Universitäten gescheitert zu sein. Bisher war das für die konservative Regierung kein Problem, denn die Fakten sind seit vergangenem Sommer bekannt.