Island als Junk-Bond?

Der Euro-Anwärter hat die Ramsch-Schwelle erreicht und die EU-Kommission gibt den EU-Ländern viel Zeit, die Defizite auszugleichen.

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Im Juli hat das bankrotte Island einen Beitrittsantrag bei der EU gestellt. Die Verhandlungen mit der Europäischen Union könnten im kommenden Jahr abgeschlossen sein. Das ging aus einem Fortschrittsbericht der Europäischen Union im Oktober hervor. Demnach könnte Island möglicherweise gemeinsam mit Kroatien der EU beitreten.

Die Pleiteinsel hat die Stärkung durch die EU bitter nötig. Das Land hatte im November 2008 sogar Kapitalverkehrskontrollen verhängt, um eine Massenflucht der Anleger zu verhindern. Die drei größten Banken des Landes mussten verstaatlicht werden, um sie vor der Pleite zu retten. Doch damit wurde auch der Staatshaushalt gesprengt. Nur über ein Hilfspaket in einer Höhe von fast fünf Milliarden Dollar konnte der Staatsbankrott abgewendet werden.

Die extreme Verschuldung führt auch dazu, dass die Kreditwürdigkeit sinkt. Die Ratingagentur Moody's hat das Rating von Island erneut um zwei Noten auf "Baa3" herabgesetzt, womit das Land an der Junk-Schwelle angelangt ist. "Das spiegelt die anhaltende Herausforderung für den Haushalt, den Finanzsektor und die Geldpolitik wieder, die durch die Krise entstanden sind", schreibt Moody's-Analyst Kenneth Orchard. Zwar sind auch schon andere Länder abgestuft worden, aber Island stellt den Rekord auf. Das bringt mit sich, dass die hohen Schulden immer teurer werden, weil Abstufungen stets Zinsaufschläge mit sich bringen.

Dass Island die Defizitkriterien des Vertrags von Maastricht erfüllen wird, kann kaum erwartet werden. Eine Nettoneuverschuldung, die 3 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht überschreitet, erreicht praktisch niemand. In der gesamten EU wird sich das Defizit in diesem Jahr auf knapp 7 % Prozent etwa verdreifachen. 2010, so die Prognose der Kommission, wird sie sogar bei 7,5 % liegen. Nur Bulgarien soll als einziger EU-Staat den Stabilitätspakt 2010 einhalten.

Über dem Durchschnitt liegen deutlich Großbritannien und Irland, bei denen die Kommission 2009 ein Defizit von 12 % erwartet. In Spanien sollen es 11 % werden und in Frankreich 8,3 %. Deutschland soll 2010 bei einem Defizit von 5 % liegen. Wie Österreich, Belgien, die Tschechische Republik, die Niederlanden, Portugal, Slowenien und die Slowakei soll Deutschland bis 2013 wieder unter die 3 %-Hürde kommen. Frankreich, Spanien, Irland und Großbritannien, gegen die die Defizitverfahren schon eingeleitet wurden, erhielten auch bis 2013 eine Verlängerung, um ihre Defizite abzubauen. Die großen Sünder, Irland und Großbritannien, bekommen sogar Zeit bis 2014.

Einen offiziellen Rüffel erhielt Griechenland. EU-Wirtschaftskommissar Joaquín Almunia ist über die Defizitschummeleien in Griechenland verärgert. Nach neuen Zahlen, die der sozialistische Finanzminister George Papakonstantinou vorgelegt hat, wird das Defizit mit 12,5 % den Spitzenplatz einnehmen und mehr als doppelt so hoch ausfallen, wie von der abgewählten konservativen Regierung kürzlich angekündigt worden war. Die Kommission hat keine neue Frist vorgeschlagen, sondern will zunächst feststellen, dass Athen die Vorgaben nicht erfüllt habe, was zu einer Verschärfung des Verfahrens führen dürfte.