Kalte Steuererhöhung im Windschatten der Fußball-WM
Die Ministerpräsidenten der Länder winken die Umwandlung der geräteabhängigen Rundfunkgebühr in eine Haushaltspauschale durch
Nach ihrer Klausur am Montag verkündeten die Regierungsparteien noch stolz, es werde keine Steuererhöhungen geben – und schon drei Tage darauf wird die erste davon beschlossen. Allerdings handelt es sich um eine heimliche Abgabenerhöhung – und zwar gleich in dreifacher Hinsicht.
Denn zum einen wird die Rundfunkgebühr durch einen Definitionstrick auch dann nicht als Steuer gewertet, wenn sie nicht mehr geräteabhängig, sondern als eine Art Kopfpauschale erhoben wird, und zum anderen verbreitert man durch diese Umstellung die Basis der Zahler, weshalb sich ganz erhebliche Mehreinnahmen ergeben, auch wenn die monatlichen Gebühr von 17,98 Euro belassen wird und die Politik deshalb behaupten kann, es würde sich nicht um eine Erhöhung handeln. Hinzu kommt, dass auch die Gebührenunterscheidung nach Geräten zukünftig entfällt und jeder den Höchstbetrag zahlen muss – ganz gleich ober er einen Fernseher oder nur einen Computer oder ein Radiogerät sein eigen nennt. Lediglich für Zweit- und Ferienwohnungen soll ein ermäßigter Betrag in Höhe von 5,99 Euro fällig werden.
Der Beschluss verzichtet auf die im Haushaltspauschalen-Modell des Heidelberger Professors Paul Kirchhof, empfohlene Streichung der Befreiungsmöglichkeiten für Transferleistungsempfänger. Wegfallen soll allerdings die Befreiung für Blinde und Taube, für die das Programmangebot zwar häufig nur von sehr eingeschränktem Nutzen ist. Auch der von dem Flat-Tax-Apostel geforderte Werbeverzicht kommt nur in ausgesprochen eingeschränkter Form, nämlich als Sponsoringverbot. An Sonn und Feiertagen. Nach 20 Uhr. Und auch dann nur, wenn es sich nicht um Sportsendungen handelt.
Marc Jan Eumann, der Vorsitzende der SPD-Medienkommission, lobte das neue Gebührenmodell im Tonfall eines FDP-Kopfpauschalenbefürworters als "einfacher, transparenter und zukunftsfester". Ob es, wie der Sozialdemokrat prophezeite, auch die Akzeptanz der öffentlich-rechtlichen Rundfunkfinanzierung fördern wird, ist allerdings fraglich: Denn nun werden auch Jene zu Zwangszahlungen herangezogen, die sich bisher dem öffentlich-rechtlichen Angebot durch Geräteabstinenz entzogen.