Koalitionsverhandlungen: Will Altmaier Windkraft ausbremsen?

Positionspapier aus dem Bundesumweltministerium fordert drastische Einschnitte beim Ausbau der Onshore-Windkraft

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Bundesumweltminister Peter Altmaier hat offensichtlich die feste Absicht, den Ausbau der erneuerbaren Energieträger auszubremsen. Das legt ein Positionspapier aus seinem Hause nahe, von dem die FAZ berichtet. Demnach soll die künftige Förderung so gestaltet werden, dass der Ökostromanteil 2020 nur auf 35 bis 40 Prozent und bis 2030 auf 50 bis 55 Prozent steigt.

Beim gegenwärtigen Ausbautempo könnten 2020 hingegen schon 45 Prozent oder etwas mehr erreicht werden. Das würde einerseits wirtschaftlich Sinn machen, denn viele der alten Kohlekraftwerke sind in den 1970ern an Netz gegangen und erreichen langsam das Ende ihrer Lebensspanne. Wenn sie nicht durch erneuerbare Energieträger ersetzt würden, müssten neue fossil befeuerte Kraftwerke gebaut werden.

Ökonomisch macht das für die Betreiber nur Sinn, wenn die Anlagen 35 bis 40 Jahre laufen. Das wäre nicht nur für das Klima fatal, sondern könnte sich auch zum Kostentreiber entwickeln, sollte der Kohlepreis aufgrund der wachsenden Nachfrage aus den Schwellenländern weiter steigen.

Der möglichst rasche Umstieg auf die Erneuerbaren ist auch aus Gründen des Klimaschutzes dringend geboten. Wie berichtet steigt die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre weiter im raschen Tempo an, und die bisher eingegangen Verpflichtungen reichen bei Weitem nicht, um auch nur den Anstieg der Emissionen aufzuhalten. Deutschland gehört trotz aller Reduktionen der letzten 23 Jahre noch immer mit fast einer Milliarde Tonnen CO2-Äquivalente, die hierzulande jährlich in die Luft geblasen werden, zu den großen Emittenten.

Offensichtlich wollen die Autoren des Papiers insbesondere der Onshore-Windkraft zu Leibe rücken, das heißt, den an Land errichteten Windrädern. Neubau solle nur noch an "guten" Standorten zugelassen werden, wobei unklar ist, wie diese definiert werden. Das Blatt geht allerdings davon aus, dass eine solche Regelung den Ausbau in Süddeutschland unmöglich machen würde. Andererseits gibt es auf den dortigen Höhenlagen durchaus manchen Standort, der mit den Küstenregionen vergleichbare Bedingungen vorweist.

Zur Begründung für eine Beschränkung des Windkraftausbaus werden wieder einmal die Kosten bemüht. Allerdings sind diese schon jetzt denkbar niedrig: In den ersten fünf Jahren nach Inbetriebnahme gibt es für Windstrom je nach Standort 8,93 bis 9,41 Cent pro Kilowattstunde. Danach wird nur noch 4,87 Cent pro Kilowattstunde gezahlt. Wird eine alte durch einen neue Anlage ersetzt, wird die Vergütung für die ersten fünf Jahre um einen halben Cent erhöht.

Windkraftanlagen auf See produzieren dagegen erheblich teurer: Dort gibt es für die ersten zwölf Jahre eine Anfangsvergütung von 15 Cent pro Kilowattstunde, was sich mit zunehmendem Abstand zur Küste und größerer Wassertiefe noch verlängern kann. Wahlweise können die Betreiber sich auch für eine erhöhte Anfangsvergütung von 19 Cent pro Kilowattstunde entscheiden, die dann aber nur acht Jahre gezahlt wird. In beiden Fällen gibt es danach noch 3,5 Cent pro Kilowattstunde.

Welche Rolle das Papier in den derzeit laufenden Koalitionsverhandlungen spielt, ist derweil unklar. Laut FAZ ist es nicht von Altmaier autorisiert worden und sei nicht Gegenstand der Arbeitsgruppe Energie, in der Peter Altmaier für die Union und Hannelore Kraft für die SPD zur Zeit über das entsprechende Kapitel im Koalitionsvertrag verhandeln. Offensichtlich handelt es sich um einen weiteren Testballon, mit dem Stimmung für weitgehende Einschnitte in die Energiewende gemacht werden soll.