Kohle-Proteste: RWE holt den Hammer raus

Protestaktion im Februar. Bild: Ende Gelände

Energiekonzern versucht mit Vertragsrecht und Unterlassungserklärungen seine Gegner einzuschüchtern

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Der Energiekonzern RWE verlangt 50.000 Euro Vertragsstrafe von einem der Pressesprecher der Anti-Kohle-Kampagne "Ende Gelände“, wie der Kölner Stadtanzeiger berichtet. Der betroffene 24jährige Bonner Student Daniel Hofinger habe im vergangenen Jahr über Twitter zu Blockaden der Kohle-Infrastruktur im Rheinischen Revier aufgerufen, womit er einer zuvor unterzeichneten Unterlassungserklärung zuwiderhandelte.

In einem Schreiben der RWE-Anwälte wird Hofinger vorgeworfen, im Oktober 2018 per Twitter zu Blockaden im rheinischen Braunkohlerevier aufgerufen zu haben. Außerdem habe er auf einer öffentlichen Veranstaltung "zu 'zugespitzten Aktionsformen durch massenhaften zivilen Ungehorsam' etwa gegen das Hausrecht unserer Mandantin aufgerufen".

Die beiden Vorwürfe deuten unter anderem darauf hin, dass RWE die Aktivitäten der Braunkohlegegner überwacht und in öffentlichen Versammlungen aufzeichnen lässt. Das ist schon für sich genommen ein äußerst bedenklicher Umstand, der viel Denkstoff über das Thema Demokratie und große Konzerne bietet.

RWE beruft sich unter anderem in dem verlinkten Anwaltsschreiben darauf, dass Hofinger im vergangenen Jahr eine Unterlassungserklärung unterschrieben habe. Darin habe er sich verpflichtet, kein RWE-Gelände zu betreten und Störungen des Betriebes zu unterlassen. Offenbar wird nun versucht, bereits Meinungsäußerungen als Störung des Betriebes auszulegen.

Hofingers Rechtsanwalt Thorsten Deppner spricht in einer Presseerklärung der Kampagne von einem einmaligen Vorgang. "In letzter Zeit greift RWE zu immer drastischeren Drohgebärden, um ihr fossiles Geschäftsmodell zu schützen. Diese Entwicklung findet hier mit einem Angriff auf die Meinungsfreiheit ihren vorläufigen Höhepunkt", so Deppner.

"RWE greift Grundrechte an, um Kritiker mundtot zu machen. Mein Fall ist nur die Spitze des Eisberges. Auch Umsiedlungsunwillige im Rheinischen Revier und andere engagierte Menschen werden systematisch unter Druck gesetzt. Wenn Unternehmen bestimmen wollen, was öffentlich gesagt werden darf, dann ist die Meinungsfreiheit in Gefahr."
Daniel Hofinger, "Ende Gelände"

Hofinger hat die gesetzte Zahlungspflicht verstreichen lassen, aber sammelt nun unter dem Motto "Schützt unsere Meinungsfreiheit vor RWE" bei better place Spenden für seine Anwaltskosten. Das eingenommene Geld soll auch anderen Aktivisten zugutekommen. Im Mai hatte RWE von Kathrin Henninger, einer weiteren Pressesprecherin der Kapagne gefordert, eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen, nach dem diese auf der Konzer-Hauptversammlung den Braunkohleabbau RWEs scharf kritisiert hatte.

"Ende Gelände" ruft für den 19. bis 24. Juni zu Aktionen des zivilen Ungehorsams im rheinischen Braunkohlerevier auf. In diese Zeit fällt auch eine große internationale Demonstration der Fridays-For-Future-Bewegung am Freitag den 21. Juni im benachbarten Aachen, sowie am 22. Juni ein Aktionstag des Bündnisses "Alle Dörfer bleiben". In diesem haben sich Betroffene aus den verschiedenen Braunkohlerevieren zusammen geschlossen, die ihre Dörfer wegen der Ausweitung von Tagebaugruben aufgeben sollen.