Korea: Historische Annäherung

Bild: Stephan/CC BY-SA-2.0

Auf der koreanischen Insel soll eine Ära des Friedens einkehren. Nord und Süd haben diverse konkrete Entspannungsschritte vereinbart

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Die Spitzen der beiden koreanischen Staaten haben versprochen, eine "neue Ära des Friedens" einleiten zu wollen, wie unter anderem die Asia Times Online berichtet. Nach einer Phase starker Spannungen hatten sich am Freitag zum ersten Mal seit 2007 die Staatschefs der Republik Korea (Südkorea) und der Demokratischen Volksrepublik Korea (Nordkorea) zu einem mit hohen Erwartungen beladenen Gipfel getroffen.

Konferiert wurde im sogenannten Friedensdorf in Panmunjom an der Waffenstillstandslinie, die den Norden vom Süden trennt. Nach dem Treffen zeigten sich Seouls Präsident Moon Jae-in und Pjöngjangs Vorsitzender der "Kommission für Angelegenheiten des Staates" Kim Jong-un strahlend der Presse.

In einer gemeinsamen Erklärung sprechen sie sich für Drei- oder Vier-Parteien-Gespräche mit den USA und gegebenenfalls auch China aus, die den Kriegszustand auf der Halbinsel beenden und ein dauerhaftes Friedensregime herstellen sollen. Ziel sei die Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel für die die "Hilfe der internationalen Gemeinschaft" gesucht werde.

Einzelheiten, wie die Abschaffung der Atomwaffen erreicht werden kann, fehlen in der Erklärung. Vermutlich wird das Thema zur Sprache kommen, wenn sich Kim Jong-un im Mai oder Juni mit US-Präsident Donald Trump trifft.

Kim und Moon haben unterdessen diverse Treffen auf der Minister- und Beamtenebene beschlossen. Außerdem wird Moon im Herbst auf Staatsbesuch in Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang erwartet. Darüber hinaus versprach man, regelmäßig per Telefon wichtige Fragen zu besprechen.

Kontakte und regelmäßige Treffen sollen auch zwischen den Militärs der beiden Staaten aufgebaut werden, die zugleich versprachen, alle feindlichen Akte gegeneinander künftig zu unterlassen. Damit ist unter anderem auch die Propaganda per Lautsprecher und Flugblättern an der Grenze gemeint.

Außerdem wurden konkrete Schritte vereinbart, mit denen künftige militärische Zusammenstöße, die bisher immer wieder zu Spannungen geführt hatten, verhindert werden sollen. Ziel sei eine stufenweise Abrüstung.

Des weiteren soll die wirtschaftliche Zusammenarbeit wieder aufgenommen werden und in einem ersten Schritt Straßen und Eisenbahnlinien gebaut oder in Stand gesetzt werden. Schließlich werden konkrete Schritte zur Familienzusammenführung vorbereitet. Auch will man künftig an internationalen Sportveranstaltungen gemeinsam teilnehmen und bestimmte Nationalfeiertage gemeinsam begehen.

Die große Frage wird sein, wie dieses Tauwetter die zu erwartenden Kälteeinbrüche meistert. Zum einen wäre da die starke, aber sichtlich geschwächte stramm antikommunistische südkoreanische Rechte, die dieses Annäherung nicht goutieren wird.

Auch deshalb nicht, weil mit einem Friedensvertrag einige drakonische Gesetze aufgegeben werden müssten, mit denen immer wieder gerne massiv gegen Streiks, Gewerkschaften und linke Parteien vorgegangen wird (Über eine etwaige Falken-Fraktion im Norden ist nichts bekannt).

Die Rolle der USA

Zum anderen sitzt die Regierung in Washington am langen Hebel. Nominell ist sie auf der koreanischen Halbinsel Kriegspartei und gehört zu den Unterzeichnern des Waffenstillstandsabkommens. Dies ist zugleich auch die Begründung, weshalb das südkoreanische Militär immer noch einem US-Kommando untersteht, und zwar nicht nur formell, sondern ganz praktisch.

Washington wird wenig Interesse haben, sich aus seiner Position unmittelbar vor der chinesischen Küste – in Südkorea sind 30.000 US-Soldaten stationiert – zurück zu ziehen. Ein Friedensvertrag wird vermutlich für die USA nur dann akzeptabel sein, wenn sie nicht das Gefühl haben muss, dadurch Südkorea als treuen Verbündeten zu verlieren.

Andererseits hat Donald Trump mit seiner Wirtschaftspolitik bisher alles unternommen, Südkorea weiter in die Arme Chinas zu treiben, das in den letzten beiden Jahrzehnten auch für den Süden zum wichtigsten Handelspartner geworden ist. 2016 war China größtes Herkunftsland aller südkoreanischen Importe (21 Prozent) und zugleich größter Abnehmer der Ausfuhren (31 Prozent).

Doch vermutlich sind Moon und Kim sich weitgehend einig, dass allzu große Abhängigkeit vom gigantischen Nachbarn vermieden werden sollte. Zur gemeinsamen Geschichte der beiden Länder gehört nicht nur ein halbes Jahrhundert brutaler japanischer Besetzung, sondern auch ein Jahrhunderte altes Abhängigkeitsverhältnis zum mächtigen Kaiserreich im Osten.