Lässt Spanien den Geheimdienst auf Spekulanten los
Ermittelt werden soll von den spanischen Agenten, wer hinter den Angriffen auf Spanien steht
Der spanische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero hatte längst eine Verschwörung ausgemacht und deshalb ist es nur folgerichtig, den Geheimdienst loszulassen, um die Hintergründe zu ermitteln. Die Agenten des CNI sollen nun der Frage nachgehen, ob die "Angriffe von Investoren und die Aggressivität bestimmter anglo-amerikanischer Medien von Marktkräften und Herausforderungen für die spanische Wirtschaft getrieben sind oder ob mehr dahinter steht". Das berichtete die Tageszeitung El Pais, die der Regierung nahe steht und gern von ihr für ihre Verlautbarungen benutzt wird.
Es ist erstaunlich, dass diese Frage überhaupt noch formuliert wird, welcher Spur die CNI-Wirtschaftsabteilung nun nachgehen soll. Schließlich hat die spanische Regierung die Antwort ja längst geliefert. Neben Zapatero haben auch andere Mitglieder der Regierung, wie der Arbeitsminister José Blanco, immer wieder "finstere Manöver" ausgemacht, die hinter dem Druck auf den spanischen Finanzmarkt steckten: "Nichts auf der Welt geschieht zufällig, auch nicht in den Leitartikeln ausländischer Zeitungen." Statt ihr Versagen in der Finanzkrise einzugestehen, sucht man in Madrid nun lieber nach einer Verschwörung.
Darin verstrickt ist offenbar ganz besonders die britische Financial Times. Die hatte die Politik der Regierung in der Krise immer wieder scharf kritisiert. Erst kürzlich schrieb sie, in "Spanien bahnt sich ein potenziell ein viel größeres Drama an" als in Griechenland. Dabei stand die Zeitung mit ihrer Einschätzung aber nicht allein. In einem Leitartikel hatte die Times zum Jahreswechsel, als Spanien die EU-Präsidentschaft übernahm, auch von einem "strauchelnden" Zapatero gesprochen, der für seine "Missgeschicke" bekannt sei und dessen Programm "bemerkenswert nichtssagend" sei. Übel genommen hat Zapatero der Times auch, dass die Zeitung seine Finanzministerin Elena Salgado unter den schlechtesten einordnete.
Es ist klar, dass Spekulanten die Schwäche eines Landes ausnutzen und dessen Lage mit ihren Aktivitäten zusätzlich verschlimmern, um daraus Gewinn zu schlagen. Doch es ist einigermaßen paranoid, diese Angriffe für die Misere verantwortlich zu machen, in der Spanien versinkt. Dass das Land auch offiziell eine Arbeitslosigkeit aufweist, die bei 20 % liegt, die sogar etwa doppelt so hoch ist wie in Griechenland, kann nicht Spekulanten zugeschrieben werden. Schließlich sind die Griechen sogar viel stärkeren Angriffen von Spekulanten ausgesetzt. Denen kann auch kaum zugeschrieben werden, dass Spaniens Haushaltsdefizit 2009 schon auf mindestens 11,4 hochgeschnellt ist, wobei der Internationale Währungsfonds sogar von 12,3 % ausgeht, und dass das Land nun seit fast zwei Jahren in der Rezession steckt. Dass Spanien enorme strukturelle Probleme hat, ist keine Neuigkeit. Es wird sich zeigen, ob der Sozialist Zapatero auch seine Spione auf Joaquin Almunia loslässt. Der Genosse, in die EU-Kommission entsandt, hatte Spanien kürzlich in einem Atemzug mit Griechenland genannt, weil neben der explodierenden Verschuldung beide Länder "permanent an Wettbewerbsfähigkeit" verlören.
Die Schweizer Großbank UBS hat inzwischen eine Erklärung veröffentlich, in der sie von einer "Hexenverfolgung" a la McCarthy spricht. Tatsächlich sei Spanien Opfer eines Ponzi-Systems auf dem Immobilienmarkt und einer inadäquaten Eurozone, heißt es darin. In der Financial Times wird von der "spanischen Inquisition" gesprochen. Neil Hume schreibt, die Paranoia erreiche inzwischen "gefährliche Höhen" in Madrid. Doch das "arme und hilflose Spanien" könne beruhigt sein: "ES HAT KEINERLEI ÖKONOMISCHE PROBLEME (Das ist für den CNI, falls er gerade mithört)", macht er sich über die Vorwürfe lustig.