Luxemburger Bombenleger-Affäre: Was wusste Juncker?
Zeuge berichtet über Stay Behind-Verdacht
Aus Kreisen gut informierter Greise wurde inzwischen bestätigt, dass der verstorbene und bislang nachrichtendienstlich nicht bekannte Bundeswehr-Major Johannes Karl Kramer tatsächlich für den BND arbeitete und am Stay Behind-Netzwerk beteiligt war. Was sein Sohn Andreas Kramer jedoch darüber hinaus behauptet, ist zweifelhaft. In manchen Details, die er immerhin unter Eid bezeugte, widersprachen sich seine Aussagen. Einige Behauptungen wie die, Heidrun Hofer sei die Sekretärin seines Vaters gewesen, könnten bestenfalls Übertreibungen sein.
Wie jedoch nunmehr an Radio Luxemburg wohl aus dem parallel zum Prozess tagenden Geheimdienstuntersuchungsausschuss durchgesickert ist, hegte der Luxemburger Geheimdienst SREL schon länger den Verdacht, das Stay Behind-Netzwerk sei in die Bombenanschläge der 1980er Jahre verwickelt. Ihre Erkenntnisse teilten die Luxemburger Schlapphüte offenbar im Januar 2006 dem Premier Jean-Claude Juncker und Justizminister Luc Frieden mit. Geheimdienstchef Marco Mille zeichnete das delikate Gespräch offenbar heimlich mit seiner James-Bond-Uhr auf, was eine Gewohnheit zu sein scheint.
Die damaligen Verdächtigungen des SREL über explosive Stay Behind-Aktivitäten, sowie den Aufenthalt des rechtsgerichteten CIA-Mannes und Gladio-Strippenziehers Licio Gelli in Luxemburg während den Attentatsjahren bestätigte gegenüber der Presse auch ein schillernder Zeuge, der pikanterweise der eigentliche Gegenstand der Unterredung von 2006 gewesen sein soll: Der Ex-Präsident des Rechnungshofes Gérard Reuter, der 1999 über eine Affäre um einen internationalen Entwicklungsfonds stolperte, mit dem afrikanisches Schwarzgeld gewaschen werden sollte. Reuter verfügte über enge Geheimdienstkontakte. So war der SREL so freundlich, dem verschuldeten Reuter dessen Wohnung zu bezahlen, was Reuter nun gegenüber Radio Luxemburg einräumte. Inzwischen wird die Wohnung von der privaten Sicherheitsfirma Sandstone bezahlt, die dem Schattenmann Frank Schneider gehört, der 2006 als damaliger SREL-Mitarbeiter am besagten Treffen anwesend war. Schneider wiederum soll seine Firma mit staatlichen Krediten finanziert haben.
Reuter zufolge soll in dem Gespräch (bei dem Reuter selbst allerdings nicht anwesend war) von Mille mutmaßt worden sein, Stay-Behind habe aus drei Abteilungen bestanden, von denen eine für die Attentate verantwortlich gewesen sei. Es sei darum gegangen, eine Atmosphäre der Unsicherheit zu schaffen. Die CIA habe nach Aktionen verlangt, um das Vordringen des „Kommunismus“ zurückzudrängen. Dem widersprechen jedoch die jüngsten Äußerungen Junckers und seines Verteidigungsministers. So sei das Luxemburger Stay Behind-Netzwerk "Plan" vom SREL kontrolliert worden. Die Agenten hätten im Falle einer kommunistischen Invasion neben dem Spionieren die Aufgabe gehabt, Ein- und Ausschleusungen durchzuführen. In Sabotage seien sie jedoch gar nicht ausgebildet worden.
Strafverteidiger Vogel beklagt, dass die im besagten Gespräch erörterten Erkenntnisse bislang zurückgehalten wurden. Stattdessen hätten die politischen Autoritäten schweigend geduldet, dass die beiden angeklagten Polizisten den Kopf hinhalten.
Inzwischen wurde bekannt, dass neben dem offiziellen Geheimdienstarchiv, das mittlerweile vom Untersuchungsausschuss versiegelt ist, noch eine auf Microfiches gefilmte Sicherheitskopie mit den wesentlichen Dokumenten im Schloss zu Senningen lagert, was die Rekonstruktion des dubiosen Geschehens Mitte der 1980er Jahre erleichtern könnte.