Mehr Gas aus der Sowjetunion

Peter Altmaier heute beim IMCO-Ausschuss. Screenshot aus EP-Webcast

Die Bundesregierung hält offensichtlich wenig von Klimaschutz und hat gewisse Schwierigkeiten mit der politischen Geografie

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier scheint in den letzten 30 Jahren so manches nicht mitbekommen zu haben. Zum Beispiel die inzwischen etlichen tausend Seiten, auf denen im Auftrag der UNO der Stand der Klimaforschung zusammengetragen wurde, die immer eindringlicher werdenden Warnungen der Klimawissenschaftler oder auch die Auflösung der Sowjetunion.

Zum Auftakt der deutschen EU-Ratspräsidentschaft sprach er heute im EU-Parlament in Brüssel und teilte seinem vermutlich ziemlich erstaunten Publikum mit, dass im Rahmen des Green Deals "vielleicht mehr Erdgas (…) aus Ländern wie der Sowjetunion" importiert werden müsse. Daher werde die Nord-Stream-Pipeline fertiggestellt.

Wenn er das vor 20 Jahren gesagt hätte und dann zügig die Braunkohlekraftwerke auf Erdgas umgerüstet worden wären, dann wäre das vielleicht noch akzeptabel gewesen. Immerhin entsteht bei der Verbrennung von Erdgas in einem modernen Gaskraftwerk pro ins Netz eingespeister Kilowattstunde nur etwa ein Drittel des Treibhausgases, die ein Braunkohlekraftwerk erzeugt.

Doch inzwischen haben sich schon viel zu viel Treibhausgase in der Atmosphäre angereichert. Die Alternative heißt also nicht mehr weniger produzieren, sondern die Emissionen auf Null runter bringen. Und zwar subito, zum Beispiel mit dem zügigen und beschleunigten Ausbau von Sonne, Wind & Co.

Statt dessen will die Bundesregierung aber, wie gerade beschlossen, die Braunkohlekraftwerke bis 2038 weiter laufen lassen und offenbar sogar noch den Verbrauch von Erdgas steigern. Der Ausbau der Windenergie wird hingegen massiv behindert und auch bei der Solarenergie wird immer wieder einmal die Handbremse angezogen.

Das alles auch noch als "Green Deal" zu bezeichnen ist wirklich eine Meisterleistung an Demagogie und lässt wenig Gutes für die EU-Politik erwarten. Sollte jemand noch gehofft haben, die Bundesregierung würde ihre Präsidentschaft bis zum Ende des Jahres dafür nutzen, um den Klimaschutz in der Union voran zu bringen, so hat Altmaier ihm gerade eine lange Nase gezeigt.