Mehr Geld für Zinsen als für Beschäftigte im öffentlichen Dienst
Im spanischen Haushalt machen Zinszahlungen nun schon 16,4% aus, mehr als für Beschäftigte im öffentlichen Dienst ausgegeben wird
Der spanische Finanzminister Cristóbal Montoro hat am Dienstag den Sparhaushalt detailliert vorgestellt, den die Regierung am Freitag im Kabinett beschlossen hatte. Insgesamt sollen 27 Milliarden Euro eingespart werden, um das Haushaltsdefizit nun von 8,5 auf 5,3% zu senken. Dafür werden fast alle Haushaltsposten gekürzt, im Durchschnitt um 16,9%. Ein Posten verzeichnet aber einen deutlichen Zuwachs. 29 Milliarden Euro sind dafür vorgesehen, um Zinsen für die Staatsschulden bezahlen zu können. Das sind 5,3% mehr als im Vorjahr und schon 16,4% des gesamten Haushalts.
Es wird also 2012 mehr Geld für Zinsen ausgegeben als mit knapp 27,5 Milliarden für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst oder mit 28 Milliarden Euro für Arbeitslose. Die Ausgaben für Arbeitslose sinken sogar um 5,4%, obwohl die Arbeitslosigkeit deutlich weiter steigt. Immer weniger Menschen bekommen Arbeitslosengeld oder das auf sechs Monate befristete Sozialgeld.
Sogar die Ausgaben für Forschung und Entwicklung werden stark um 34% auf 1,2 Milliarden Euro und für Bildung um 22% auf 2,2 Milliarden Euro gekürzt. Die aktive Arbeitsmarktpolitik leidet, denn hier wird um 21,3% gekürzt, weshalb auch für Umschulung und Fortbildung etwa 1,5 Milliarden Euro weniger zur Verfügung stehen. An diesen drei Punkten geht Madrid ans Eingemachte, denn sie sind besonders bedeutsam für die Zukunft. Dagegen wird das Budget für das unproduktive Königshaus und für das Militär nur um 2% und 2,4% gekürzt.
Trotz allem wird die Staatsverschuldung aber um fast zehn Punkte auf fast 80% des Bruttosozialprodukts explodieren. Das hat Wirtschaftsminister Luis de Guindos im Interview mit dem Wall Street Journal angekündigt. Damit rückt Spanien in die Gruppe der hoch verschuldeten Staaten auf. De Guindos macht dafür vor allem verantwortlich, dass die Zentralregierung den Regionen und Städten etwa 35 Milliarden Euro zur Verfügung stellt. Damit sollen sie Rechnungen bezahlen, die sich in ihren Schubladen stapeln. Vor allem die Städte und Regionen, die von De Guidos und Montoros konservativer Volkspartei (PP) seit Jahren regiert werden, stachen bisher nicht durch Sparwillen hervor. Allein Madrid schuldet Lieferanten und Dienstleistern gut eine Milliarde Euro, während das katalanische Barcelona oder das baskische Bilbao kein Geld vom Zentralstaat brauchen.
Ob das Defizitziel mit diesem Haushalt eingehalten werden kann, darf bezweifelt werden. Experten kritisieren viele unsichere Haushaltsposten. Die Wirtschaft kann zudem noch stärker schrumpfen, wie es 2011 angesichts der strikten Sparkurse in Portugal oder Griechenland schon zu beobachten war. Auch die Arbeitslosigkeit kann noch stärker als geplant steigen. Trotz eines frühlingshaften März und der im Februar dekretierten Arbeitsmarktreform haben erneut 39.000 Menschen ihren Job verloren. Von gut 17 Millionen Arbeitslosen im Euroraum stellt Spanien fast ein Drittel. Zwar spricht das Arbeitsministerium von 4,74 Millionen Arbeitslosen, doch die Nationale Statistikbehörde (INE) hatte am Jahresende 2011 fast 5,3 Millionen gezählt. Im ersten Quartal haben aber erneut 340.000 Menschen ihre Stelle verloren und dabei wird es nicht bleiben, denn auch die Regierung hat angekündigt, weitere 600.000 Stellen würden im laufenden Jahr verloren gehen.
Da Investitionen gestrichen werden, wird die Rezession über den Sparkurs verstärkt. Ging die EU-Kommission kürzlich davon aus, dass die spanische Wirtschaft um ein Prozent schrumpfen soll, rechnet die Regierung schon mit 1,7%. Unklar ist aber auch, ob über eine geplante Amnestie für Steuersünder tatsächlich 2,5 Milliarden Euro eingenommen werden. Die Opposition bezweifelt, dass es von der Verfassung gedeckt ist, über eine Abgeltungssteuer von höchstens 10% das Schwarzgeld zu legalisieren.
Im Vergleich dazu ist der Steuerstreit mit der Schweiz interessant, denn inzwischen soll ja mit den Eidgenossen vereinbart worden sein, dass Schwarzgeld von Deutschen dort mit einer Abgeltungssteuer von bis zu 41% belegt werden soll. Angesichts dessen wird klar, wie die spanischen Konservativen die Steuerbetrüger gegenüber ehrlichen Steuerzahlern belohnen wollen. Die Basken wollen mit ihrer Steuerhoheit dabei ohnehin nicht mitmachen. Vertreter von konservativen und linken Parteien fordern einen "ernsthaften Kampf" gegen Steuerhinterzieher und bezeichnen die Maßnahme "ethisch inakzeptabel und sozial ungerecht".