Minister dürfen nicht gegen NPD mobilisieren

Thüringer Verfassungsgericht entscheidet, dass Amtsträger wegen des Rechts auf Chancengleichheit der Parteien nicht zu Demonstration gegen die NPD aufrufen dürfen

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"Antidemokratischen und rechtsextremistischen Bestrebungen die Rote Karte zeigen", wollte die thüringische Sozialministerin Heike Taubert im März 2014. Sie unterstützte damit ein antifaschistisches Bündnis, das zum Protest gegen den Landesparteitag der NPD mobilisierte. Die rechte Partei klagte dagegen und bekam jetzt Recht.

Taubert habe mit der Unterstützung dieses Aufrufs gegen die parteipolitische Neutralität verstoßen, entschied der Thüringer Verfassungsgerichtshof am Mittwoch.

Berufen auf Meinungsfreiheit bei Amtsträger nicht möglich

In der Begründung des Gerichts heißt es:

Als nicht verbotene Partei kann sich die NPD auf das aus Artikel 21GG folgende Recht der Chancengleichheit der politischen Parteien berufen. Hiernach ist der öffentlichen Gewalt jede unterschiedliche Behandlung der Parteien, durch die deren Chancengleichheit bei den Wahlen beeinträchtigt werden kann, verfassungskräftig untersagt, sofern sie sich nicht durch einen zwingenden Grund rechtfertigen.

Ministerin Taubert habe durch den Protestaufruf, ohne dass sie hierzu durch einen zwingenden Grund berechtigt war, in dieses Recht auf Chancengleichheit eingegriffen so die Richterschelte. Die Ministerin könne sich auch nicht auf ihre Meinungsfreiheit berufen, da sie nicht als Privatperson, sondern als Amtsträgerin aufgetreten sei.

Nach diesem Urteil will die NPD auch gegen die Bundesfamilienministerien Manuela Schwesig juristisch vorgehen, weil sie im Juni 2014 in einem Interview zum Ziel erklärte, "dass die NPD nicht in den Landtag kommt". Vor einigen Wochen hatte die Justiz noch entschieden, dass Bundespräsident Gauck die NPD "Spinner" nennen darf. Die NPD will mit ihren Klagen Aufmerksamkeit erringen, aber es dürfte ihr damit kaum gelingen, ihre Krise zu überwinden.

Welche weiteren politischen Auswirkung die richterlichen Entscheidung, Ministern und anderen Amtsträger Grenzen bei ihrem politischen Engagement gegen die NPD aufzuerlegen, hat, ist fraglich. Es könnte auch sein, dass das außerparlamentarische Engagement gegen Rechts dadurch eher gestärkt wird.