Möglicher Wahlbetrug: Krise in Honduras spitzt sich zu
Anhaltende Proteste nach schleppender Auszählung und Unregelmäßigkeiten. EU-Beobachter mahnen Transparenz an
In Honduras spitzt sich die innenpolitische Krise angesichts von Betrugsvorwürfen nach der Präsidentschaftswahl vom 26. November zu. Nachdem bei Protesten von Anhängern der Opposition mehrere Menschen von bewaffneten staatlichen Kräften erschossen wurden, haben Teile der Polizei der Regierung die Gefolgschaft verweigert: Die Spezialeinheit "Cobra" der Polizei legte ihre Arbeit nieder, ähnliche Reaktionen werden auch aus anderen Teilen des Polizeiapparats berichtet. Oppositionskandidat Salvador Nasralla rief die Armee in der Nacht zum Dienstag auf, "dem patriotischen Beispiel der Polizei zu folgen".
Nach Angaben der Wahlbehörde TSE, die vom Regierungslager kontrolliert wird, soll sich der konservative Präsident Juan Orlando Hernández mit rund 1,6 Prozentpunkten durchgesetzt haben. Am Tag nach der Wahl lag sein linksgerichteter Herausforderer Salvador Nasralla noch mit knapp fünf Punkten in Führung. Erste Demonstrationen von Anhängern der Opposition wurden gewaltsam niedergeschlagen, eine Ausgangssperre wurde über Tage hinweg verhängt.
Der Vorsitzende der Wahlbehörde, David Matamoros, hatte am Montag dieser Woche erklärt, dass die Nationale Partei von Präsident Juan Orlando Hernández gut 1,4 Millionen Stimmen und damit 42,98 Prozent erreicht habe. Sein Herausforderer Salvador Nasralla habe knapp 1,36 Millionen Stimmen auf sich vereinen können, was 41,39 Prozent entspreche. Die Wahlbeteiligung habe bei 53 Prozent gelegen.
Allerdings stehen Matamoros und seine Behörde unter massiver Kritik aus dem Land und dem Ausland angesichts des Umstandes, dass der Auszählungsprozess immer noch nicht abgeschlossen ist und es zu zahlreichen Unregelmäßigkeiten kam. Die Opposition spricht daher von einem Wahlbetrug und verweist darauf, dass der TSE vom Regierungslager kontrolliert wird. "Es gab Betrug in den Wahllokalen. Sie (das Regierungslager) haben sogar Tote und Emigranten, die in den USA leben, abstimmen lassen", sagte Nasralla gegenüber dem lateinamerikanischen Fernsehsender Telesur. Nasralla und die Oppositionsallianz fordern die Neuauszählung von 18.000 Wahlscheinen.
Die Vorsitzende der EU-Wahlbeobachtungskommission, Marisa Matias, bekräftigte am Montag bei der Präsentation ihres zweiten vorläufigen Berichtes, dass es in Honduras angesichts des noch andauernden Auszählungs- und Überprüfungsprozesses "keinen gewählten Präsidenten gibt". Die EU hoffe auf gleiche Bedingungen für alle Parteien und Kandidaten und eine transparente Neuauszählung aller Stimmen, so Matias.