Nach der großen Flut
In Myanmar zeigen sich die herrschenden Generäle unfähig und unwillig, die Bevölkerung vor den Folgen von Naturkatastrophen zu schützen.
In Myanmar zeichnet sich nach dem Durchzug des tropischen Wirbelsturms "Nargis" Anfang Mai eine menschliche Tragödie ab, an der die dort herrschende Militärjunta nach diversen Berichten der internationalen Presse einen großen Anteil hat. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon bezeichnete die Reaktion der Regierung als viel zu langsam. Ban auf einer Pressekonferenz am Montag in New York:
“I want to register my deep concern – and immense frustration – at the unacceptably slow response to this grave humanitarian crisis. ... Unless more aid gets into the country – very quickly – we face an outbreak of infectious diseases that could dwarf today’s crisis.”
Die UN gehen von etwa 900.000 Menschen aus, die akut gefährdet sind. Ban hatte am Wochenende mehrmals vergeblich versucht, mit dem Chef der Militärregierung, General Than Shwe, zu telefonieren. Dieser war jedoch für den UN-Generalsekretär nicht zu sprechen.
Die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua gibt die offizielle Zahl der Todesopfer mit knapp 32.000 an und spricht von weiteren knapp 30.000 Vermissten. Die großen Probleme mit der Versorgung der Überlebenden bleiben allerdings unerwähnt. China war in den letzten Tagen von westlichen Regierungen aufgefordert worden, seinen Einfluss bei der Militärjunta spielen zu lassen, damit ausländische Helfer und Hilfsgüter endlich ungehindert ins Land können.
Humanitäre Organisationen rufen derweil zu Spenden auf. Bei der internationalen Hilfsorganisation Oxfam heißt es, dass bis zu 1,5 Millionen Menschen gefährdet seien. Oxfam-Sprecherin Sarah Irelnad appellierte an die Regierung, die Visabeschränkungen für ausländische Helfer aufzuheben.
Besonders betroffen ist das Delta des Irradawadis (siehe Bild, Yangon = Rangun). Das niedrige Schwemmland wurde zu großen Teilen überflutet. Die Überlebenden in den zerstörten Dörfern sind oft nur noch über Boote zu erreichen. Straßen und andere Infrastruktur wurden zerstört. Nicht nur die Versorgung mit Nahrungsmitteln und Medikamenten ist ein Problem. Besondere Gefahr droht auch von den hygienischen Problemen, weil noch immer viele Leichen in den Flüssen treiben oder auf den Feldern liegen.
Die Zeitung The Australian schreibt, dass der indische Wetterdienst Myanmars Behörden bereits zwei Tage im Voraus vor dem Sturm gewarnt hatte. Dessen Zugrichtung und Intensität hatten sich in den Vorhersagemodellen klar abgezeichnet. Die bekannte indische Intellektuelle und Umweltschützerin Sunita Narain vom Center for Science and Environment (CSE) hatte letzte Woche in Neu Delhi "Nargis" als "Beispiel für das, was auf uns zukommt" bezeichnet und mehr Anstrengungen im internationalen Klimaschutz gefordert. Die Industrieländer würden viel zu wenig unternehmen, um die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Das CSE sieht die Verantwortung für den Klimawandel eindeutig bei den reichen Ländern, setzt sich allerdings schon seit Jahren auch in Indien für effektiven Klima- und Umweltschutz ein.