National im All

Nasa-Chef Bolden kündigt die Kooperation mit Russland, nimmt das bemannte Raumfahrtprogramm wieder auf und schwört auf die "großartigste aller Nationen"

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Das Statement von Nasa-Chef Charles Bolden zur Wiederaufnahme eigener bemannter Raumflüge hätte politischer nicht sein können. Mehrfach nahm der Leiter der US-Weltraumbehörde auf die "Nation" Bezug, als er am Dienstag in Cape Canaveral vor die Presse trat, um einen Milliardenvertrag mit dem Konzernen Boing und SpaceX bekannt zu geben. Die Nasa beendet damit eine vorübergehende Kooperation mit der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos.

Im Zeichen der Ukraine-Krise sparte Bolden nicht an politischer Rhetorik. Die "großartigste aller Nationen" also die USA, dürfe nicht von anderen Ländern, also Russland, abhängig sein. Ab 2017 sollen die US-Astronauten demnach wieder mit eigenen Raumschiffen zur internationalen Raumstation ISS starten. Die Entscheidung folgt nur drei Jahre, nachdem die Nasa die eigenen Flüge aus Kostengründen eingestellt hatte, um Plätze in den russischen Sojus-Schiffen anzumieten.

Vorangegangen waren der Ankündigung Boldens massive Spannungen zwischen den Weltraumbehörden beider Länder. Nach Ausbruch der Ukraine-Krise hatte die Nasa bereits einen Großteil der Kooperation mit Roskosmos eingestellt (Krim-Krise: NASA stoppt Kooperationmit Russland zum Teil). Ganz beenden konnten die US-Amerikaner die Zusammenarbeit nicht. Zum
einen befanden sich noch eigene Leute auf der ISS, zum anderen braucht die Nasa einige Zeit, um das eigene benannte Raumfahrtprogramm wieder in Gang zu bringen. Dennoch nutzte Behördenchef Bolden seinen Auftritt am Dienstag zum Konter gegen Russland. Dessen stellvertretender Ministerpräsident Dmitri Rogsin hatte der Nasa nach der weitgehenden Einstellung der Kooperation vor einigen Wochen wenig diplomatisch geraten, die eigenen Astronauten "mit dem Trampolin" zur ISS zu schicken.

Das wollte man in Washington offenbar nicht auf sich sitzen lassen und griff tief in die Staatskasse. 6,8 Milliarden US-Dollar (5,25 Milliarden Euro) soll das neue Programm Kosten. Boeing streicht davon 4,2 Milliarden US-Dollar ein, während das ebenfalls private Weltraumunternehmen SpaceX
2,6 Milliarden US-Dollar erhält. Der US-Konzern ist derzeit bereits mit Versorgungsflügen zur ISS betraut und will seinen Raumtransporter "Dragon" für bemannte Flüge weiterentwickeln. Leer ging das US-amerikanische Luft- und Raumfahrtunternehmen Sierra Nevada aus. Dies zu entscheiden sei nicht leicht gewesen, sagte Bolden dazu, aber es sei die beste Wahl für die Nasa und, naja, eben die Nation gewesen.

Im Zuge der Ukraine-Krise macht die Behörde damit ein bisschen Politik und entledigt sich nebenbei eines internen Problems. Die kostspielige Nutzung der Sojus-Kapseln – ein Flug kostete die Nasa pro Astronaut 70 Millionen US-Dollar (rund 50 Millionen Euro) hatte nach US-Medienberichten schon seit geraumer Zeit für Unmut gesorgt.