Nazi-Überfälle auf Klimaschützer
Die Beratungsstelle für Opfer rassistischer und neo-nazistischer Überfälle berichtet von massiver Gewalt gegen Kohlegegner während der Pfingstproteste in der Lausitz
Der brandenburgische Verein "Opferperspektive" weist im Vorfeld einer Landtagsdebatte über die Proteste gegen den Braunkohletagebau in der Lausitz zu Pfingsten daraufhin, dass "massive Rechte Angriffe bisher völlig ausgeblendet werden". Der Verein befürchtet, dass ein solches Vorgehen dazu führe, die bereits etablierte rechte Szene in der Region Spree-Neiße weiter in ihrer Militanz zu bestärken.
"Trotz der aktuellen Welle rechter Gewalttaten wird zu körperlichen Angriffen durch Neonazis während der 'Ende Gelände'-Proteste geschwiegen. Stattdessen ist ausschließlich von linken Krawallmachern die Rede. Dies lässt daran zweifeln, dass das Ausmaß des Problems rechter Gewalt von allen Politiker_innen erkannt wird. Gerade deshalb darf eine klare Positionierung gegen rechte Gewalt auch während der Landtagsdebatte am kommenden Freitag nicht fehlen."
Joschka Fröschner, Mitarbeiter der Opferperspektive
Noch immer würden sich neue Betroffene und Zeugen beim Verein melden. Über die gesamte Woche hinweg sei es zu verschiedenen Übergriffen gekommen. Zum Teil habe es sich dabei um geplante, überfallsartige Aktionen gehandelt, zum Teil habe sich in größeren Menschenmengen eine brisante Mischung aus rechten Gewalttätern und 'Pro-Kohle'-Demonstrierenden, aus der heraus Angriffe verübt wurden.
"Zu mehreren Zeitpunkten versuchten Gruppen von etwa 50 Angreifern, die überwiegend der lokalen Neonazi- und Hooliganszene zugeordnet werden können, Protestteilnehmer unter Zuhilfenahme von Waffen und Sprengkörpern anzugreifen", heißt es in einer Pressemitteilung der "Opferhilfe".
So sei eine Mahnwache der Klimaschützer im Spremberger Ortsteil Tscherpe von mehreren Vermummten mit Baseballschlägern angegriffen worden. Wiederholt hätten außerdem Unbekannte versucht, Teilnehmende der Proteste mit Autos von der Straße abzudrängen. Auf dem Protest-Camp selbst sei mindestens eine Person durch maskierte Angreifer niedergeschlagen und am Boden liegend getreten worden. Polizeibeamte hätten sich in mehreren Fällen geweigert, Anzeigen durch Betroffene aufzunehmen oder diese zu schützen. In einer Chronologie sind die dem Verein bekannt gewordenen Vorfälle aufgelistet.
Im Jahr 2015 verzeichnete die Beratungsstelle im Landkreis Spree-Neiße 29 und für die kreisfreie Cottbus 28 rechte Übergriffe. Dieser Trend setze sich auch in diesem Jahr nahtlos fort. Die Vorfälle vom Pfingstwochenende ausgenommen, seien für das Jahr 2016 bereits 32 rechte Angriffe in Spree-Neiße und Cottbus bekannt geworden. Die Gegend verfüge seit Jahren über eine gefestigte, gut organisierte und durch hohe Gewaltbereitschaft gekennzeichnete rechte Szene. Insofern sei die Gewalteskalation vom Pfingstwochenende nicht überraschend gekommen.
"Wenn solche Angriffe für die Landespolitik keine Rolle mehr spielen, dann führt eben dies zu einer Normalisierung rechter Übergriffe. Hier wird die Gelegenheit verpasst, die längst überfällige Debatte zur Problematik neonazistischer Gewalt im Landkreis Spree-Neiße zu führen. Stattdessen bietet die Darstellung einiger Politiker, die Klima-Aktivisten seien Nestbeschmutzer, erhebliche Anknüpfungspunkte an rechte Argumentationsmuster."
Joschka Fröschner