Netzneutralität als Betriebsgeheimnis?

Wer nicht fragt, bleibt dumm. Wer fragt, auch – denn die Provider hüllen sich in Schweigen

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Man sollte davon ausgehen können, dass bei Vertragsabschluss dem Kunden der Umfang der Leistungserbringung bekannt ist. Verletzungen der Netzneutralität durch Provider sollten also kein großes Geheimnis darstellen und müssten eigentlich ein Bestandteil des Vertrages sein.

Dass es sich hierbei aber um streng gehütete Firmengeheimnisse handelt, erfuhren jetzt die Autoren von netzpolitik.org, die eine Informationsfreiheitsanfrage bei der Bundesnetzagentur nach den Auskünften der deutschen Provider zu einer Untersuchung der Netzneutralität erstellt hatten. Die Antworten waren um "Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse" bereinigt, wodurch bei einigen außer Anrede und Grußformel nichts mehr übrigblieb.

Nur einige Provider haben die Dokumente vollständig freigegeben, die meisten haben sie zumindest teilweise geschwärzt. Gerade auch die "großen Provider" wie die Deutsche Telekom oder auch 1&1 hüllen sich lieber in Schweigen, wenn es darum geht zu erläutern, wie sie es denn mit der Netzneutralität halten. Dabei ist es für die Kunden mehr als nur eine Bagatelle, wenn ihr Zugang zum Internet z.B. durch Sperrung und/oder Drosselung von Peer-to-Peer-Verkehr (in Fest- und Mobilfunknetzen) sowie die Sperrung von Voice-over-IP-Verkehr oder die Deep Packet Inspection (DPI) beeinträchtigt wird.

Die Geheimhaltungspolitik der Provider geht dabei so weit, dass sogar Informationen wie die Gesamtanzahl der Kunden nicht herausgegeben werden, obwohl es sich dabei um keine geheimen Daten handelt. Im Gegenteil: diese Daten werden von den Providern, die sich dazu nicht äußern wollten, selbst veröffentlicht. Dies zeigt, wie heikel das Thema Netzneutralität mittlerweile geworden ist und wie sehr die Provider jede Aussage vermeiden.

In den freigegebenen Teilen gibt die Deutsche Telekom unumwunden zu, dass sie lieber das Internet beschränkt als das Netz weiter auszubauen zu wollen. Sie sieht in QoS (Quality of Service)-Unterscheidung und Priorisierung von Netzverkehr einen kosteneffektiveren Ansatz, die Nachfrage zu befriedigen, als eine "Überversorgung" mit Bandbreite. Netzpolitik sieht hierin eher ein Ablenkungsmanöver, nicht zuletzt weil die Deutsche Telekom dieses Argument nicht einmal in der Öffentlichkeit verwandte.

Aber nicht nur aus Gründen der beschränkten Bandbreite wird blockiert oder gedrosselt, teilweise sollen zu den eigenen Angeboten konkurrierende Dienste wie IP-Telefonie oder Kurznachrichtendienste wie WhatsApp aus dem Rennen geworfen werden, was den Kunden teuer zu stehen kommt, wird er dadurch doch auf vergleichsweise teure Angebote beschränkt.

Den Worten Alexander Sanders, Geschäftsführer des Vereins Digitale Gesellschaft, ist da wenig hinzuzufügen: "Dass ausgerechnet die Auskünfte der größten Provider in Deutschland nur geschwärzt an die Öffentlichkeit gelangen, ist ein Skandal. Ob die Deutsche Telekom, Vodafone und Kabel Deutschland hochinvasive Technologien wie Deep Packet Inspection einsetzen oder nicht, ist kein Geschäftsgeheimnis. Kundinnen und Kunden dieser Unternehmen müssen abschätzen können, welchen Gefahren sie ihre Privatsphäre mit einem Vertragsabschluss aussetzen."