Neue baskische Partei lehnt die Gewalt der ETA ab
Die linke baskische Unabhängigkeitsbewegung hat sich mit der Vorstellung der Parteistatuten ausdrücklich von der Gewalt der ETA distanziert
"Sortu" heißt die Partei, mit der die linke baskische Unabhängigkeitsbewegung wieder in die Institutionen im spanischen Baskenland einziehen will. Sortu bedeutet: schaffen, aufbauen, sprießen. Der Name ist Programm. Etwas Neues wurde auf den Weg gebracht, als die Partei am Montag im baskischen Bilbao von Persönlichkeiten vorgestellt wurde, die in der Geschichte der 2003 in Spanien verbotenen Batasuna (Einheit) oder zuvor Herri Batasuna (Volkseinheit) eine bedeutende Rolle gespielt haben.
Sortu verzichtet nicht nur im Namen, sondern auch organisatorisch auf Bezüge zu den Vorgängern. Rufi Etxeberria und der Anwalt Iñigo Iruin machten deutlich, dass ein Kapitel der baskischen Linken definitiv abgeschlossen ist: die Koexistenz mit der Gewalt der Untergrundorganisation ETA. Anders als behauptet war Batasuna nie mit der ETA verbunden, es hätten aber "Abhängigkeitsverhältnisse" bestanden, sagte Iruin. Die Gewalt wurde über Jahrzehnte als Ausdruck eines politischen Konflikts geduldet. Aus der historischen Erfahrung, dass die ETA entscheidend zum Ende der Franco-Diktatur beigetragen hat, hielten viele sie angesichts der Fortdauer von Unterdrückung des Selbstbestimmungsrechts und von Folter durch Spanien für ein notwendiges Übel.
Nach einem tief greifenden Reflektionsprozess wurde damit gebrochen. Damit soll ein definitiver Friedensprozess auf den Weg gebracht werden, wie er auch von internationalen Vermittlern, darunter vier Friedensnobelpreisträgern, gefordert wird. In den neuen Statuten heißt es: "Die neue Partei wird ihre Aktivitäten ausgehend von der Ablehnung von Gewalt als Instrument oder Methode entfalten, um politische Ziele zu erreichen." Unabhängig davon, wer Gewalt ausübe, "wird sie offen und unverblümt verurteilt, eingeschlossen die der Organisation ETA", denn "fundamentale Freiheiten und Rechte von Menschen" dürften nicht verletzt werden. Mitglieder, die gegen dieses Gebot verstoßen, werden sofort ausgeschlossen. Es soll damit "die Instrumentalisierung durch Organisationen verhindert werden, die Gewalt ausüben", erklärte der Batasuna-Anwalt (Unterstreichung aus dem Original). Etxeberria betonte am Dienstag noch einmal in einem Interview mit einem spanischen Radio, dass es "keinen Weg zurück gibt", egal ob auch die neue Partei verboten wird oder nicht.
Auch daran zeigt sich, dass es sich kein taktische Manöver handelt, um im Mai wieder zu den Kommunalwahlen antreten zu können. Seit langem hat sich in der baskischen Linken durchgesetzt, dass Aktionen der ETA eher verhindern, dass ein unabhängiges, vereintes und sozialistisches Baskenland entsteht. Denn sie spalten die Kräfte, die für diese Ziele eintreten. So war es die baskische Linke, welche die ETA dazu gezwungen hat, die Waffen seit 18 Monaten schweigen zu lassen. Erstmals in ihrer Geschichte wird sie einen Waffenstillstand von internationalen Beobachtern kontrollieren lassen, wie es allseits von ihr gefordert wurde, bestätigte sie vor einem Monat. Damit soll verhindert werden, dass sich in ihren Reihen erneut die militärische Logik Bahn bricht, mit dem sie den letzten Friedensprozess Ende 2006 gesprengt hatte.
Die neue Partei erfüllt, darin sind hochrangige Juristen weitgehend einig, die Anforderungen des Parteiengesetzes, das extra geschaffen wurde, um Batasuna 2003 zu verbieten. Gerade wurde es von den regierenden Sozialisten (PSOE) mit Hilfe der ultrakonservativen Volkspartei (PP) weiter verschärft. Der angesehene spanische Verfassungsrechtler Javier Pérez Royo erklärte in Radio Euskadi: "Diese Statuten gehen weit über das hinaus, was gefordert werden kann." Er bescheinigt "außerordentliche Gewissenhaftigkeit" und eine "juristische Unangreifbarkeit". Er erinnerte, dass Batasuna-Mitgliedern niemals die "Bürgerrechte aberkannt wurden", daher könnten sie auch eine Partei gründen. Auf Basis von Misstrauen oder Vermutungen dürfe man keine Parteien verbieten.
Die baskischen Parteien haben allesamt den Schritt von Batasuna begrüßt. Bis auf die PSOE und die PP hatten alle Parteien ihre Vertreter zur Vorstellung entsandt. Wie die Vereinte Linke (IU) erklärten sie, dass Madrid nun zeigen müsse, ob es die "eigenen Gesetze einhalte". Der baskische IU-Chef Mikel Arana erklärte, es gäbe nun "keine Ausrede mehr" und es werde sich zeigen, ob wahltaktische Gründe im Vordergrund stehen.
Die große Baskisch-Nationalistische Partei (PNV), auf deren Stimmen die schwer angeschlagene Regierung von José Luis Rodríguez Zapatero in Madrid angewiesen ist, um nicht durch ein Misstrauensvotum der Konservativen gestürzt zu werden, wird ebenfalls Druck daraufhin ausüben, dass Sortu zugelassen und ein Friedensprozess ermöglicht wird. In einer Stellungnahme der Parteiführung heißt es, dass "eine Zeit neuer Hoffnungen für die Politik im Baskenland" begonnen habe.