Orgasmisches Niesen und präventives Popeln
Die Nase als Forschungsobjekt neuer Studien: Deutet unser Nies-Verhalten darauf hin, wie es um unsere Persönlichkeit steht? Und kann Popeln unser Immunsystem stärken?
Es gibt kaum etwas unter der Sonne, was Wissenschaftler nicht untersuchen. Auch unsere Nase ist zugleich Gegenstand der Forschung und der Mythen. Die Volksweisheit will es zum Beispiel, dass die Nase eines Mannes auf die Eigenschaften seines Johannes hindeutet. Ja genau – das Körperteil, dessen ideale Länge zwischen 12,8 und 14,2 Zentimeter betragen soll.
Ein Zusammenhang zwischen der Nasen- und der Penislänge ist bislang nicht belegt. Der Mediziner Alan Hirsch, Gründer und Direktor der Smell & Taste Treatment and Research Foundation in Chicago, hat einen ganz anderen Tipp parat: Statt auf die Nasenlänge zu achten, empfiehlt es sich, das Nies-Verhalten unseres Gegenübers zu beobachten. Das sage uns zwar nichts über irgendwelche Maße, wohl aber über die (sexuelle) Persönlichkeit:
"Nieser sind wie Lacher, einige sind laut, andere leise. Das ist eine eher psychologische Sache und repräsentiert die damit verbundene Struktur der Persönlichkeit oder des Charakters. Wenn wir uns das Niesen anschauen, ist es in seiner Beschaffenheit fast orgasmisch. Wenn also jemand sexuell verklemmter ist, dann wird er oder sie sich auch beim Niesen zurückhalten. Wenn jemand aber hedonistisch orientiert ist und Spaß haben will, dann wird er oder sie laut und stark niesen."
Bereits in der Jugend kristallisiere sich der individuelle Nies-Stil heraus, der uns dann ein Leben lang begleite. Impulsive und extrovertierte Personen würden demnach laut und geradezu explosiv niesen. Zurückhaltende und introvertierte Personen hingegen würden sich auch beim Niesen dezenter verhalten – und ihre Nieser häufiger willentlich leiser ausfallen lassen.
Wer gerade nicht niesen kann oder will, der popelt vielleicht aus lauter Langeweile in der Nase. Auch das ist jetzt Gegenstand der Forschung: Der kanadische Biochemiker Scott Napper, Dozent an der University of Saskatchewan, vermutet, dass Nase-Popeln gut für unsere Gesundheit ist – zumindest dann, wenn wir die Popel auch essen. Der Forscher geht davon aus, dass die Popel unser Immunsystem stärken könnten, weil sie allerlei Keime und Krankheitserreger enthalten und so unsere Körperabwehr in Schwung bringen.
Mit dieser kuriosen These macht der Forscher gerade Schlagzeilen in Kanada. Napper hofft, auf diese Weise Probanden für seine geplante Studie zu gewinnen, denn: "Ich denke, die Herausforderung besteht darin, Freiwillige für dieses Experiment zu gewinnen. Insbesondere dann, wenn man nicht weiß, zu welcher Gruppe man zugeteilt wird." In welcher Studiengruppe man landet, ist in der Tat nicht gerade unwichtig, denn "die eine Gruppe wird ihre Popel essen, die andere nicht", so Napper. Einer 2008 publizierten Studie zufolge essen lediglich 4,5 Prozent der Popler ihre zutage geförderten Nasen-Schätze.
Ob Scott Napper Erfolg hat und seine These stimmt, wird sich vielleicht bald zeigen. Alan Hirsch gibt sich entschlossener und behauptet, dass seine Erkenntnisse aus über 25 Jahren Nasen-Forschung stammen. Ob all das nun in den Bereich der Pseudowissenschaft zu verorten ist oder tatsächlich einen Funken Wahrheit birgt, mag jeder für sich entscheiden. Oder direkt beim Popeln und beim pollengeschwängerten Frühlingsflirt nachprüfen.