Planen Deutschland und Frankreich die Aufspaltung der Euro-Zone?
Angela Merkel und Nicolas Sarkozy sollen am "Europa mit zwei Geschwindigkeiten" arbeiten lassen
Ob es stimmt, weiß man nicht, doch die Nachrichtenagentur Reuters hat darüber berichtet, dass man in Berlin und Paris über die Aufspaltung der Euro-Zone nachdenke. Reuters zitiert einen EU-Diplomaten, wonach auf allerhöchster Ebene schon seit einiger Zeit darüber diskutiert werde und nun einige Länder nach vorne preschten: "Das Risiko der Aufspaltung, eines Europa mit zwei Geschwindigkeiten, war noch nie so noch."
Demnach strebe der französische Präsident Nicolas Sarkozy eine radikale Verkleinerung der Eurozone auf ein Kerneuropa mit gemeinsamer Fiskal- und Steuerpolitik an. Das verbleibende Europa könne als eine Art "Konföderation” sogar auf 35 Staaten erweitert werden. Auf allen Ebenen hätten zwischen Frankreich und Deutschland darüber schon intensive Gespräche stattgefunden. "Wir müssen uns sehr vorsichtig bewegen, aber die Wahrheit ist, dass wir eine genaue Liste erstellen müssen von denen, die nicht Teil des Clubs sein wollen, und jenen, die einfach nicht Teil sein können. Bei unseren Überlegungen werden wir sehr ernst über die Kriterien nachdenken, die als Benchmark der Integration und unserer Wirtschaftspolitik verwendet werden", wird als Quelle ein nicht namentlich genannter, hochrangiger EU-Beamter aus Brüssel zitiert.
Es gibt verschiedene Hinweise, die darauf hindeuten, dass Merkel und Sarkozy das Vorhaben tatsächlich vorantreiben. So hatte Sarkozy bei einem Besuch in Straßburg vor Studenten offen von einem "Europa der zwei Geschwindigkeiten" gesprochen. Merkel hatte am 9. November in Berlin erklärt, die Welt werde nicht auf Europa warten und es seien dringende, auch grundsätzliche Veränderungen notwendig.
Tatsächlich stehen angesichts des Absturzes Italiens nun ganz grundsätzliche Überlegungen an. Auch ein noch so gehebelter Rettungsschirm kann das Gewicht des abstürzenden Riesens nicht auffangen. Da Silvio Berlusconi derzeit die Lage mit seinen Ränkespielen weiter verschlimmert, könnte es schon bald ernst werden, wenn die Zeitbombe Italien explodiert und den Euro zu sprengen droht. Die Renditen für Staatsanleihen sind mit gestern knapp 7,5%, heute um die 7,1% viel zu hoch. Das drittgrößte Euroland kann bei Staatsschulden von 2 Billionen Euro diese Zinsen nicht verkraften. Die lagen lag Ende 2010 schon bei 119 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Nur Griechenland ist höher verschuldet, Irland und Portugal mussten trotz niedriger Staatsverschuldung schon früher aufgefangen werden.
Allerdings zieht Italien nun Spanien mit in den Abgrund. Das viertgrößte Euroland wird von der Wirtschaftskrise ohnehin schwer geschüttelt. Hatte sich die Lage um Spanien, das im August schon schwer angezählt war, mit den Anleihekäufen der Europäischen Zentralbank (EZB) wieder etwas beruhigt, gerät das Land nun wieder heftig in den Strudel. Zum Börsenbeginn am Donnerstag ist der Risikoaufschlag für zehnjährige spanische Staatsanleihen auf einen neues Allzeithoch gestiegen. Die Renditen für spanische Anleihen lagen 424 Basispunkte über der Bundesanleihe. Damit muss Spanien mehr als 4 Prozentpunkte höhere Zinsen als Deutschland zahlen. Auch Spanien gerät damit an die Absturzgrenze, wobei das Land mit einer relativ geringen Verschuldung die Zinsen etwas länger aushalten kann als Italien.
Die Gedankenspiele in Paris und Berlin sind angesichts der Lage nicht absurd. Sie laufen darauf hinaus, den Euro in zwei Währungsbereiche aufzuspalten. Das wäre das Eingeständnis des "Merkel-Crash", weil man mit der Politik der teuren Nothilfe den Euro an die Wand gefahren hat, weil stets viel zu spät und zu zaghaft gehandelt worden ist. Die Frage stellt sich aber auch, ob man nicht seit langem bewusst auf diese Situation hinarbeitet und der Rettungszirkus nur der Nebel ist, mit dem das Vorhaben getarnt wird.
So könnte in der Krise das Projekt eines Europas der zwei Geschwindigkeiten geboren werden, von dem Konservative immer wieder geträumt haben. Es könnte ein Kerneuropa im Norden des Kontinents mit einem "Stark-Euro" entstehen, zu dem sich der "Club-Med" mit einem "Schwach-Euro" gesellt. Damit könnte in diesem Fall sogar ein Problem gelöst werden. Denn mit einer gemeinsamen Währung ist es für angeschlagene oder abgestürzte Länder wie Griechenland, Irland, Portugal, Italien und Spanien unmöglich, die Währung abzuwerten, um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und wieder auf die Beine zu kommen. Mit einem Euro geht das nur über Lohndumping, doch damit wird der jeweiligen Bevölkerung massiv Kaufkraft entzogen und die Wirtschaften in die Rezession gedrückt. Der massive Sparkurs in Griechenland hat das Land schon fast in die Depression gestürzt.