Präsident in Honduras durch Militärputsch gestürzt
Armeeführung schafft Manuel Zelaya außer Landes. Volksabstimmung verhindert
Ein Militärputsch gegen den gewählten Präsidenten Honduras, Manuel Zelaya, ist international auf Kritik gestoßen. Der linksliberale Staatschef war am frühen Sonntagmorgen (Ortszeit) von rund 200 schwer bewaffneten und maskierten Soldaten aus seinem Wohnhaus in der Hauptstadt Tegucigalpa verschleppt worden. Die Putschisten flogen den Präsidenten unmittelbar nach der Entführung in das ebenfalls mittelamerikanische Costa Rica aus.
In Lateinamerika ist der Staatsstreich auf Ablehnung gestoßen. Argentiniens Präsidentin Cristina Fernández bezeichnete den gewaltsamen Sturz ihres Amtskollegen als "Rückkehr zur Barbarei". Ähnlich äußerten sich die Mitglieder des linksgerichteten Staatenbündnisses Bolivarische Allianz für Amerika ( ALBA). Boliviens Präsident Evo Morales forderte die internationale Gemeinschaft auf, den Militärputsch zu verurteilen. Venezuelas Präsident Hugo Chávez bezeichnete den Umsturz als "einen weiteren Staatsstreich, wie viele andere in den letzten hundert Jahren lateinamerikanischer Geschichte". Chávez sprach in Bezug auf die ALBA-Staaten zudem von einem "Angriff auf uns alle" und bezichtigte den US-amerikanischen Auslandsgeheimdienst CIA, in das Geschehen verwickelt zu sein.
Ähnliche Vermutungen hatte die Außenministerin von Honduras, Patricia Rodas, zuvor geäußert. Sie habe nach Beginn des Staatsstreichs mehrfach und auf verschiedenen Wegen versucht, sich mit der US-Botschaft in Verbindung zu setzen, jedoch habe dort niemand ihre Anrufe entgegengenommen. Wenig später wurde auch Rodas von Putschisten festgenommen.
Die Armee hat mit dem Putsch zugleich eine Volksabstimmung gewaltsam beendet. Am heutigen Sonntag sollte die Bevölkerung von Honduras darüber entscheiden, ob parallel zu den regulär anstehenden Wahlen im November über die Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung entschieden wird. Das Militär und weite Teile der Oberschicht hatten sich dem Vorhaben widersetzt, weil mit der Verfassungsänderung die anti-neoliberale Politik des linksliberalen Präsidenten im Grundgesetz verankert worden wäre. In dem Disput hatte sich zuletzt auch der Oberste Gerichtshof auf die Seite der Militärs gestellt.
Der Konflikt zwischen dem linksliberalen Präsidenten und Teilen der Oberschicht sowie des Militärs hat sich in dem Maße zugespitzt, wie sich Zelaya den anti-neoliberalen Kräften der Region angenähert hat. Im August 2008 hatte der Politiker der Liberalen Partei für sein Land die Beitrittsurkunde zur ALBA unterzeichnet. Das angestrebte Verfassungsreferendum sollte verstärkt soziale Rechte und Einfluss des Staates im Grundgesetz verankern. Zelaya orientierte sich dabei offen an den politischen Prozessen in Venezuela, Ecuador und Bolivien.
Nach dem Putsch ist das politische Schicksal von Honduras nun ungewiss. Nach letzten Meldungen soll der rechtsgerichtete Parlamentspräsident Roberto Micheletti von der Militärjunta als Interimspräsident eingesetzt werden. Doch die Lage ist unübersichtlich: Zehntausende Anhänger Zelayas sind in den vergangenen Stunden auf die Straßen geströmt, um die Rückkehr des Präsidenten zu fordern. Zelayas Kurs war vor allem von Gewerkschaften Landarbeitervertretungen und sozialen Organisationen unterstützt worden.
Für Aufregung sorgten während einer Dringlichkeitssitzung der Organisation Amerikanischer Staaten Nachrichten aus Honduras, nach denen die Putschisten am späten Vormittag (Ortszeit) neben der Außenministerin Rodas auch mehrere Botschafter lateinamerikanischer Staaten festgesetzt haben. Die Vertreter von Nicaragua, Kuba und Venezuela seien nach Verhören und Misshandlungen jedoch wieder auf freien Fuß gesetzt worden, berichtete Kubas Botschafter in Honduras, Armando Laguna. Über den Verbleib von Rodas, die bis zuletzt zum Protest gegen die Putschisten aufgerufen hat, gab es zunächst keine Informationen.