Putsch in Honduras beschäftigt den Bundestag
Wenige Tage vor den Wahlen in Honduras fordern Oppositionsparteien die Bundesregierung zu einer kritischen Haltung auf. Massive Kritik an Naumann-Stiftung.
Zum wiederholten Mal wird die Unterstützung des Putschregimes in Honduras durch die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung im Bundestag thematisiert. Auf Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen stand das Thema am heutigen Nachmittag auf der parlamentarischen Agendaa.
Nicht nur die Grünen, auch die Linkspartei forderte von den Regierungsparteien Union und FDP eine entschiedenere Position gegenüber den Machthabern in Tegucigalpa. Doch auch wenn das Außenamt unter Leitung des Liberalen Guido Westerwelle noch nicht offiziell auf die international kritisierte Position seiner Parteistiftung eingeschwenkt ist, sind die Hoffnungen auf eine rechtsstaatliche Außenpolitik gegenüber Honduras gering.
In Ihrem Beschlussantrag verwiesen die Grünen vor allem auf die „schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen“ seit dem Sturz des letzten gewählten Präsidenten von Honduras, Manuel Zelaya. „Dies belegen Berichte der Interamerikanischen Menschenrechtskommission, von Amnesty International sowie von zahlreichen honduranischen und internationalen Menschenrechtsorganisationen“, heiß es in dem zweiseitigen Papier. Die Bundesregierung fordere man deswegen auf, sich „klar von den Putschisten um Roberto Micheletti zu distanzieren“. Die für diesen Sonntag anberaumten Präsidentschafts-, Parlaments- und Kommunalwahlen könnten nur anerkannt werden, „wenn Manuel Zelaya in das Amt zurückkehrt“.
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Thilo Hoppe ging auch in seiner Rede, die Telepolis vorab vorlag, auf das Wahlthema ein:
„Über 300 Kandidaten der Liberalen Partei haben aus Protest gegen den Putsch ihre Kandidatur zurückgezogen. Ebenso der unabhängige Präsidentschaftskandidat Carlos Reyes. Eine breite Widerstandbewegung, der auch die sozialdemokratische Partei angehört, ruft zum Boykott der Wahl auf. (...) Es mag auch berechtigte Kritik am Kurs von Zelaya geben – aber es sollte unter uns Demokratinnen und Demokraten doch bitte schön Konsens sein, einem Putsch und darauf folgenden Scheinwahlen eine eindeutige Absage zu erteilen."
Ähnlich argumentierte der Antrag der Linkspartei. Angesichts der Berichte über „den Einsatz physischer Gewalt gegen Demonstrantinnen und Demonstranten bis hin zu Mord und Folterungen ist von der deutschen Außenpolitik ihr aktiver Einsatz für die grundlegenden Menschenrechte in Honduras gefordert. Eine Normalisierung oder Gewöhnung im Umgang mit der honduranischen Putschregierung darf nicht zugelassen werden“. Auch die sozialistische Fraktion der LINKEN fordert „keinerlei internationale Unterstützung oder Anerkennung“ der Wahlen am Sonntag. Stattdessen müsse die Bundesregierung „durch konkrete Maßnahmen einen Beitrag dazu leisten, dass der rechtmäßige Präsident Zelaya in sein Amt zurückkehren kann und dass unter einer legitimen Regierung transparente, demokratische Neuwahlen vorbereitet werden können“.
In beiden Anträgen nahm die Haltung der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung eine zentrale Position ein. Die Grünen monieren, dass die liberale Stiftung Positionen eingenommen hat, „die weit ab von der Einschätzung der internationalen Staatengemeinschaft liegen“. Die Linken forderten von der Bundesregierung gar eine offizielle Verurteilung der Stiftung für deren politische Unterstützung des Putsches.
Zugleich setzt sich der Disput innerhalb der FDP-nahen Organisation fort. In der vergangenen Woche hatten mehrere Dutzend lokale Mitarbeiter der Naumann-Stiftung einen Protestbrief gegen die offizielle der Linie der Stiftung veröffentlicht. Nachdem in Deutschland unter anderem Telepolis über das Dokument berichtet hatte ( Liberale protestieren gegen Naumann-Stiftung), nahm Büroleiter der Stiftung in Tegucigalpa, Christian Lüth, in einem Interview mit dem spanischen Dienst der Deutschen Welle Stellung. Die Unterzeichner der Erklärung – unter ihnen der Vizepräsident der Regierung Zelaya, der Sohn des letzten Verteidigungsministers und der in Honduras bekannte Journalist Omar Rivera – repräsentierten eine Minderheit. Es seien „Anhänger von Zelaya (...) die nun um ihre Posten fürchten“, so Lüth.
Die Replik aus Honduras ließ nicht lange auf sich warten. Lüths Interview „bestätigt uns erneut in unserer Kritik“, sagte Unterzeichner Ricardo Orellana, nach dessen Meinung sich die Stiftung von ihren politischen Prinzipien entfernt hat. Von den lokalen Vertretern kommen „nur noch Beleidigungen, aber keine Argumente“, so Orellana, dessen Vater bis wenige Tage vor dem Putsch Verteidigungsminister im Kabinett Zelayas war. Offenbar halte die Naumann-Stiftung verzweifelt an ihrer Position fest, weil sie sich zu eng mit dem Putschregime eingelassen hat, sagt Orellana, der in der Gruppe „Liberale gegen den Putsch“ aktiv ist.
Ähnlich äußert sich im Gespräch mit Telepolis auch der Journalist Omar Rivera, der seine kritischen Kommentare unter anderem in der Tageszeitung El Tiempo veröffentlicht. Er habe die Erklärung gegen die Naumann-Stiftung unterzeichnet, weil es die Pflicht eines Liberalen sei, gegen die Verletzung des Rechtsstaates und der Verfassungsordnung zu protestieren, so Rivera. Besonders ungehalten reagiert der junge Journalist auf Lüths Erklärungen, in denen er die massiven Menschenrechtsverletzungen unter den Putschisten in Zweifel zieht.
Honduranische Menschenrechtsorganisationen wie COFADEH und CODEH hätten im Zusammenhang mit dem Konflikt bislang 21 Tote, 108 Todesdrohungen, 453 Verletzte, 3033 zum Teil willkürliche Festnahmen, 114 politische Gefangene und 26 Übergriffe auf Journalisten dokumentiert, zählt Rivera auf. „Angesichts solcher Zahlen kann man nur protestieren“, sagt er, „und eben deshalb haben wir uns zu dem offenen Brief an die Naumann-Stiftung entschlossen.“