Rechtsregierung in Andalusien steht
Toleriert wird sie von Ultras: Die beiden spanischen Rechtsparteien haben kein Problem, inhaltlich der rechtsextremen VOX weit entgegen zu kommen
"40 Jahre leidvoller sozialistischer Politik sind vorbei", frohlockt der spanische Oppositionsführer Pablo Casado. Dessen Volkspartei (PP) hatte sich mit den rechten "Ciudadanos" (Bürger/Cs) nach den Regionalwahlen in Andalusien auf eine Koalition geeinigt. Das Problem für sie war nur, dass sie für eine Regierungsbildung auf die Unterstützung der rechtsextremen Partei VOX angewiesen waren.
Versprochen hatten beide Parteien zunächst, man werde nicht mit den Ultras verhandeln. Später ruderte die PP, aus der sich VOX abgespalten hat, zurück. Die Führung der Partei, die von Ministern der Franco-Diktatur gegründet wurde und die sich von Putsch und Diktatur nie distanziert hat, wird unter der Führung des neuen Parteichefs Pablo Casado ohnehin immer weiter an den rechten Rand geführt, wie an dieser Stelle vorhergesagt wurde.
Dafür stehen die Vorgänge in Andalusien exemplarisch. So mussten sogar die Ciudadanos die PP-Führung daran erinnern, dass man vereinbart habe, mit VOX über nichts zu verhandeln. Doch Konsequenzen aus dem Bruch mit der Abmachung zogen die nationalistischen Cs nicht. Sie stören sich nicht einmal daran, dass das Versprechen gebrochen wurde, wonach an der Koalitionsvereinbarung zwischen PP und Cs kein Komma verändert werden soll.
Die Umfaller-Partei spielt angesichts der Kritik daran, dass sie die Ultras hoffähig mache, einfach Theater. Der von den Ciudadanos aufgestellte Kandidat für das Bürgermeisteramt im katalanischen Barcelona hatte die Annäherung an die Ultras massiv kritisiert. So zitiert die Neue Zürcher Zeitung den ehemaligen französischen Premierminister Manuel Valls, der in Barcelona geboren wurde, mit folgenden Worten: "Jeglicher Pakt mit Vox wäre ein politischer Irrtum und ein moralischer Fehltritt."
Die Zeitung stellt richtig schon im Titel fest, dass "Spaniens Konservative in einen Rechtsdrall" geraten. Aus Frankreich ist die Kritik besonders deutlich. So hat auch die französische Regierung davor gewarnt, sich mit Ultrarechten einzulassen. Vielleicht sollte sich die PP nun ihren Pakt mit den Cs noch einmal überdenken, nachdem die sich nun auf eine offen mit faschistischen Tendenzen agierende Partei stützt.
Um das Bündnis nicht zu offen vor den Augen Europas darzustellen, haben die Cs ihr Theater abgezogen, um zu verdecken, dass von Beginn an ausgemacht war, sich von VOX tolerieren zu lassen, um die rechte Sozialdemokratin Susana Díaz abzulösen. Offiziell haben die Ciudadanos deshalb nicht mit VOX verhandelt, sondern der PP den Job überlassen. Die wird ab nächster Woche schließlich mit Juanma Moreno auch den Regierungschef stellen. So hat die Partei von Albert Rivera, der ebenfalls aus der PP stammt, nur über die Bande gespielt, um sich die Finger nicht zu schmutzig zu machen.
Tatsächlich wurde kein Komma an dem Abkommen geändert, sondern real der gesamte Koalitionsvertrag. Den Ultras wurde erneut sehr weit entgegen gekommen. Wie die Tageszeitung eldiario.es heraus gearbeitet hat, hatten die beiden Parteien in ihrem Abkommen schon 18 Forderungen der Ultras eingebaut. Die hatten zuletzt noch einmal nachgelegt, weshalb weitere 19 Maßnahmen eingefügt wurden.
Keine Aufarbeitung der Diktatur, gegen Abtreibung und Frauenrechte
Jetzt können die beiden Parteien, die sich gegen die Exhumierung des Diktators Franco stellen, auch den Ultras den Rollback in der ohnehin sehr zaghaften Aufarbeitung der Franco-Diktatur zuschreiben. Denn das andalusische Gesetz für die historische Erinnerung soll liquidiert werden.
Die fünf Millionen Euro, die für die Ausgrabung der Opfer des Faschismus vorgesehen waren, sollen nicht fließen und die Opfer des Faschismus weiter in Massengräbern verscharrt bleiben.
Andalusien war als bevölkerungsreichste Region auch besonders vom faschistischen Terror betroffen. Es liegen noch etwa 50.000 Opfer in 700 Massengräbern. Ersetzt werden soll das Gesetz durch ein Gesetz für die Einigkeit. Sprich, über den Verbrechen des Faschismus soll auch gut 40 Jahre nach dem offiziellen Ende der Diktatur der Deckmantel des Schweigens liegen.
Andalusische Traditionen wie die Tierquälerei, die man auch Stierkampf nennt, sollen wieder gefördert werden. Natürlich sind den Katholiken auch Abtreibung und Frauenrechte ein Dorn im Auge. Auch sollen die katholischen Privatschulen geschützt werden, die Mädchen und Jungen trennen. VOX will alle Förderung für Gleichstellung von Frauen und alle Maßnahmen gegen sexistische Gewalt streichen, wogegen sich sogar in der PP Kritik rührt. So haben sich zum Beispiel die Parlamentsprädentin Ana Pastor oder der Regierungschef Galiciens Alberto Núñez Feijóo dagegen ausgesprochen.
Natürlich haben die rassistischen Ultras auch etwas gegen Homosexuelle, Transsexuelle und Flüchtlinge. Sofort wollen sie 52.000 Einwanderer und Flüchtlinge aus Andalusien und Spanien werfen. Das habe man mit der PP vereinbart, erklärt VOX stolz. Dabei geht das gar nicht, da Andalusien dafür keine Kompetenzen hat.
Alle Einwanderer und Flüchtlinge sollen zudem nun polizeilich identifiziert werden. Abschaffen wollen die Ultras auch die andalusische Autonomie, wie sie alle Autonomien in Spanien für eine vollständige Zentralisierung abschaffen wollen. Allerdings, das steht dazu im totalen Widerspruch, wollen sie Maßnahmen im Bereich Bildung und Gesundheit ändern, die nur über Autonomierechte umsetzbar sind.