Rechtsweg statt Kreuzweg

Jan Hus auf dem Scheiterhaufen, Spiezer Chronik (1485), gemeinfrei

(Bild: https://de.wikipedia.org/wiki/Inquisition#/media/File:Spiezer_Chronik_Jan_Hus_1485.jpg)

"Das Leben des Brian" darf Karfreitag gezeigt werden - in Bochum

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Am Karfreitag verbietet das Feiertagsgesetz in NRW die Vorführung von Filmen, die nicht vom Kultusminister oder der von ihm bestimmten Stelle als zur Aufführung am Karfreitag geeignet anerkannt sind, bis zum nächsten Tag 6 Uhr, sowie Veranstaltungen, Theater- und musikalische Aufführungen, Filmvorführungen und Vorträge jeglicher Art, auch ernsten Charakters, während der Hauptzeit des Gottesdienstes. Weit oben auf dem Index der für diesen Tag zensierten über 700 Filme steht neben der "Feuerzangenbowle" und Louis de Funès-Komödien auch der Klassiker "Das Leben des Brian" (1979).

Ein Kinofreund aus Bochum ignorierte diese staatlich verordnete Unterwerfungsgeste. Zwar wurde er dafür weder gesteinigt noch erschien die Spanische Inquisition, jedoch belegte ihn die Stadt Bochum mit einem Bußgeld. Der Cineast allerdings nahm sein Kreuz auf sich und beantragte für den diesjährigen Karfreitag eine Ausnahmegenehmigung. Der Streit zwischen religiösen Fundamentalisten und geerdeten Zeitgenossen über den kontroversen Film währt seit nunmehr 40 Jahren.

2016 hatte der Bund für Geistesfreiheit München einen solchen Fall erfolgreich zum Bundesverfassungsgericht getragen. Das Verbot einer Heidenspaß-Party verstieß gegen das ebenfalls von Art. 4 des Grundgesetzes geschützte Recht auf negative Religionsfreiheit. Dementsprechend sah sich die für Bochum zuständige Bezirksregierung Arnsberg veranlasst, nun die begehrte Ausnahmegenehmigung zu erteilen. Die Initiative Religionsfrei im Revier lädt für 20.45 Uhr zur öffentlichen Auffürung.

Der Widerstand gegen die Römer bzw. Römisch Katholische Kirche betrifft auch das Tanzverbot. 2012 erschien am Karfreitag vor dem Kölner Dom ein Flashmob, der das Tanzverbot zum Teufel wünschte und dabei Musik abspielte. Diesmal ist wieder ein Tanzmob angekündigt, bei dem wie in den Vorjahren auch zulässige Kopfhörer verwendet werden. UPDATE: In Köln darf dieses Jahr bei einer Demo „Jesus is a dancer! - Lieber tanzen, als einfach nur rumhängen!“ in der Keupstraße Musik aus kleinen Lautsprechern gespielt werden. UPDATE: Die Genehmigung beruhte auf einem Versehen der Polizei.

Die Ausnahme des Bochumers gilt nur für diesen. Wer Brian am Karfreitag zeigen möchte, muss sich mit den Staatsdienern arrangieren. Allen anderen sei geraten, auf die Sonnenseite des Lebens zu blicken.