Reiche Chinesen kommen, arme Portugiesen gehen
Mit einem "Goldenen Visum" lockt Portugal reiche Chinesen, Russen, Brasilianer und Angolaner an, während die Jugend das Land verlässt
In den Krisenländern läuft ein regelrechter Wettkampf, wer mit günstigeren Bedingungen reiche Ausländer anlockt. Portugal wirbt seit einem Jahr mit einer Kampagne für ein "Leben in Portugal". Das Land richtet sich unter anderem an Senioren aus Europa spricht aber vor allen gezielt Chinesen, Russen, Brasilianer und Afrikaner an, denen Investitionen im Land durch ein "Goldenes Visum" versüßt werden. ( So nennt der Volksmund eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung, die aber nicht allein für Portugal sondern für die gesamte EU gilt.
Das Außenministerium in Lissabon hat nun Zahlen vorgelegt, wer das Angebot angenommen hat. Ähnliche Angebote mit zum Teil mit noch günstigeren Bedingungen gibt es allerdings auch beim spanischen Nachbarn oder in Griechenland und Zypern. Seit Portugals konservative Regierung unter Ministerpräsident Pedro Passos Coelho das Gesetz vor einem Jahr verabschiedet hat, seien 318 derartige Aufenthaltsgenehmigungen ausgestellt worden, sagte die Ministeriumssprecherin Francisca Seabra. Die Regierung will so eine langfristige wirtschaftliche Erholung fördern.
Die Begünstigten haben mindestens für eine halbe Million Euro in portugiesische Immobilien investiert, was die Bedingung ist. Das ist auch die Hürde in Spanien, während Aufenthaltserlaubnisse in Zypern schon für 300.000 Euro winken und Griechenland sogar nur 250.000 Euro fordert. Auffällig ist, dass vor allem Chinesen vom portugiesischen Angebot angezogen werden. Denn 248 der Goldenen Visa gingen allein an Staatsbürger aus dem Reich der Mitte.
Mit Abstand folgen Russen, aber auch Bürger aus den ehemaligen Kolonien Brasilien, Angola und Mosambik haben sich in Portugal eingekauft. Da die Nachfrage zunächst gering ausgefallen war, wurden im Frühjahr die Bedingungen weiter aufgeweicht. Die Zeit, die ein Investor nun pro Jahr am westlichen Rand der EU verbringen muss, wurde von dreißig auf sieben Tage reduziert. Da man es aber nicht allein auf eine Stabilisierung des Immobiliensektors abgesehen hat, profitieren nun auch diejenigen von der Regelung, die fünf Arbeitsplätze schaffen. Ursprünglich waren 30 vorgesehen.
Seabra sieht bisher Erfolge im Immobiliensektor. Der Chef der Außenhandels-Agentur AICEP, Pedro Reis, zieht allerdings ein pessimistisches Resümee. Meist seien weder Unternehmen gegründet noch in eines im Land investiert, sondern nur Luxusimmobilien gekauft worden. Die AICEP will aber das Augenmerk von Investoren auf die Industrie lenken, vor allem in der Papier- und Zellstoffherstellung, Bergwerke, Pharmaindustrie und alle Bereiche, die mit maritimen Aktivitäten verbunden sind.
"Brot für heute, Armut für morgen"
Die Bevölkerung ist wenig begeistert. Befürchtet wird, chinesische Firmen könnten beim "Ausverkauf" im Rahmen der Privatisierung Kasse machen. Für den Gewerkschafter Carlos Portas, dessen Organisation am vergangenen Donnerstag gegen neue Kürzungs- und Privatisierungspläne streikte und demonstrierte, ist klar, dass die Chinesen clevere Leute sind: "Sie kaufen sich günstig ein, machen gute Geschäfte und haben zudem Zutritt zu europäischen und brasilianischen Märkten." Er verweist darauf, dass auf Druck der Troika aus EU Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäische Zentralbank (EZB) schon der einst staatliche Energieversorger EDP und der Stromnetzbetreiber REN an die chinesischen Firmen Three Gorges und State Grid verkauft wurden. Die Firmen sehen sich auch in Deutschland um. "Man kann damit offenbar gutes Geld verdienen, das wir aber hier gut gebrauchen können." Er sorgt sich, auch die Wasserversorgung, Müllabfuhr und die Post privatisiert werden sollen. "Brot für heute, Armut für morgen", nennt er das.
Der Gewerkschaftler meint, gleichzeitig blute das Land aus. Immer mehr Menschen seien zum Auswandern gezwungen. Vor allem die Jugend sucht angesichts einer Jugendarbeitslosigkeit von fast 40 Prozent bei unter 25-jährigen das Weite. Jeden Monat hätten 2012 mehr als zehntausend Menschen das Land verlassen, meldete das Nationale Statistikamt (INE) kürzlich. Im laufenden Jahr sollen es erneut mehr als 50.000 sein und gut die Hälfte junge Menschen zwischen 20 und 34 Jahren. Zu ihnen gehörten auch Nulia und Carlos Andrade. Die Brasilianerin war einst auf Arbeitssuche in Porto gelandet. "Ich hätte mir nie vorstellen können, irgendwann zur Arbeitssuche den umgekehrten Weg zu gehen", sagte ihr portugiesischer Mann vor der Abreise.
Die Familie des Bauarbeiters mit den drei Kindern ist untypisch. Denn vor allem sind es Akademiker und gut ausgebildete Menschen, die Portugal oft nicht nur in Richtung Nordeuropa sondern auch in die der ehemaligen Kolonien verlassen. Das Land blutet durch den "Brain Drain" aus. Nach einer aktuellen 50 de los espanoles que emigraron desde 2008 lo hicieron al no ver futuro en el pais.html Studie, die auf Befragung von mehr als 7000 Auswandern aus Griechenland, Italien, Spanien, Irland und Portugal basiert, hat die übergroße Zahl einen Universitätsabschluss und das jeweilige Land wegen fehlender Perspektiven, Arbeitslosigkeit sinkender Löhne verlassen.