Rohstoffe: Papiertiger BRICS?
Starke Divergenzen in der Entwicklung Chinas und Indiens einerseits sowie Russlands, Brasiliens und Südafrika andererseits schwächen den Block der führenden Schwellenländer
Im chinesischen Hangzhou geht am heutigen Montag das Gipfeltreffen der Gruppe der 20 (G20) zu Ende, zu der neben den großen westlichen Industriestaaten wie die USA, Frankreich, Großbritannien und Deutschland auch die sogenannten BRICS-Staaten gehören, die gelegentlich als Gegengewicht zum um Washington gruppierten Machtpol aus NATO und G7 gesehen werden. Die Gruppe setzt sich aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika zusammen. Zusammen beherbergen sie rund 40 Prozent der Weltbevölkerung, verfügen über umgerechnet etwa vier Billionen US-Dollar an Währungsreserven und ihre Volkswirtschaften tragen ungefähr 20 Prozent zum globalen Bruttosozialprodukt bei.
Inwieweit jedoch die Wahrnehmung des lockeren Staatenbündnis als Gegenmacht realistisch ist, bleibt fraglich. Zum Beispiel bilden schwelende Rivalitäten zwischen China und Indien eine Sollbruchstelle, die die US-Diplomatie fest im Auge hat, wie ihr nachhaltiges Werben um Indiens Gunst zeigt. Unklar ist außerdem, welche Auswirkungen der kalte Putsch in Brasilien, mit dem die dortigen US-freundlichen rechten Eliten wieder das Ruder übernahmen, auf das Bündnis haben werden.
Schließlich ist in den letzten Jahren auch die wirtschaftliche Entwicklung stark divergiert. Während Indien und China weiter kräftig wachsen, dümpelt Südafrikas Wirtschaft seit den 1990er Jahren eher vor sich hin. Brasilien und Russland haben hingegen lange erheblich von den hohen Rohstoffpreisen profitiert und wurden durch deren Verfall ab 2014 in eine tiefe Rezession gerissen.
Doch die könnte immerhin demnächst überstanden sein, denn das Tal der Tiefpreise scheint durchschritten. Die Währungen Brasiliens, Russland und Südafrikas haben sich seit Jahresanfang stabilisiert und wieder etwas gegenüber dem US-Dollar zugelegt, wie die BRICSPost berichtet. Das macht die Auslandsschulden weniger drückend. Außerdem zeigen die Preise der meisten Rohstoffe Zeichen der Erholung. Eine Analyse der Nachrichtenagentur Bloomberg ergab kürzlich, dass die meisten Erze und viele Agrarerzeugnisse inzwischen deutlich bessere Preise als noch vor einem Jahr erzielen.
Angeführt wird die Entwicklung von Eisenerz, das im ersten Halbjahr 2016 über 50 Prozent mehr erzielte als noch ein Jahr zuvor. Auch Kraftwerkskohle, Erdölprodukte und Edelmetalle – mit Ausnahme des Kupfers – erzielten auf dem Weltmarkt im Durchschnitt der letzten sieben Monate zum Teil erheblich mehr als im gleichen Zeitraum 2015. Dennoch liegen die Preise noch immer weit unter den hohen Werten in den Jahren 2010 bis 2012. Und außerdem sind die Aussichten für die Weltwirtschaft fürs Erste weiter durchwachsen, womit auch die Zukunft der Rohstoffpreise ungewiss bleibt.