Säkulare Kandidatin gewinnt gegen nordirischen Regierungschef Robinson
Durch den knappen Wahlausgang kommt den religiösen Regionalparteien möglicherweise trotzdem eine Schlüsselrolle zu
Dadurch, dass die gestrige Wahl in Großbritannien wahrscheinlich nicht nur ein "Hung Parliamant" hervorbrachte, sondern vielleicht auch eines, das Koalitionen ohne die Liberaldemokraten zumindest theoretisch möglich macht, kommt den Regionalparteien eine Bedeutung zu, die sie seit 1974 nicht mehr hatten. Eine besondere Rolle dabei spielen die nordirischen. In diesem Teil des Vereinigten Königreichs konnten seit langer Zeit weder Labour noch die Tories oder die Liberaldemokraten Mandate erringen. Stattdessen teilten sich die zu vergebenden 18 Sitze bis gestern religiöse Parteien verschiedener Radikalitätsgrade.
Eine davon, die mehr oder weniger eng mit der IRA verbandelte Sinn Féin, ließ ihre Parlamentssitze bisher stets leer, um zu demonstrieren, dass sie lieber in Dublin sitzen würde. Ob Sinn Féin diese Verweigerungshaltung auch in einem "Hung Parliament" beibehält, in dem es auf einzelne Stimmen ankommen könnte, ist noch nicht klar. Wie es derzeit aussieht, muss die Partei eines ihrer fünf Mandate an einen im Wahlkreis Fermanagh and South Tyrone als unabhängiger Kandidat angetretenen Protestanten abgeben. Weil sich jedoch nur acht Stimmen Unterschied ergaben, wird immer wieder neu ausgezählt. Die nicht ganz so katholische Páirtí Sóisialta Daonlathach an Lucht Oibre (SDLP) konnte ihre verbliebenen drei Sitze halten. Im Westminster-Parlament stimmte diese Partei fast immer mit Labour.
Sehr überraschend kam für viele Beobachter, dass der nordirische Regionalregierungschef Peter Robinson seinen Parlamentssitz an die Belfaster Bürgermeisterin Naomi Long von der säkularen Alliance Party abgeben muss. Möglicherweise wirkte hier eine Sexaffäre seiner Frau nach, die ihrem jugendlichen Liebhaber öffentliche Gelder zugeschanzt haben soll. Durch diese Niederlage verliert Robinsons Partei, die streng protestantische Democratic Unionist Party (DUP) wahrscheinlich auch insgesamt ein Mandat und stellt im neuen Parlament nur mehr acht Abgeordnete.
Der DUP-Politiker Jeffrey Donaldson hatte sich bereits vor der Wahl den Tories angedient und gemeint, bei einem relativ knappen Verfehlen der absoluten Mehrheit könne man die Stimmen der Abgeordneten seiner Partei im Ausgleich für Nordirland-Subventionen kaufen. Dass die Abfuhr der Konservativen auf dieses Angebot recht schroff ausfiel, hing wahrscheinlich auch damit zusammen, das die etwas weniger protestantische Ulster Unionist Party (UUP) ein Wahlbündnis mit den Tories eingegangen und unter dem Banner "Ulster Conservatives and Unionists" angetreten war. Der Erfolg dieser Zusammenarbeit war allerdings eher gering: Der einzige bisher von der UUP gehaltene Wahlkreis, North Down, ging nun an die als Unabhängige antretende Protestantin Sylvia Hermon, die wegen des Zusammenschlusses mit den Konservativen noch vor der Wahl ihren Austritt aus der Partei erklärt hatte.