Salafisten zerstören Timbuktu
Ansar Dine hat die Tuareg-Separatisten der MNLA aus der Stadt verjagt
Im April eroberten Tuareg den Norden Malis bis hinunter zum Nigerstrom und riefen dort einen neuen Staat aus. Dazu, wie sich die neuen Machthaber zusammensetzen, gab es anfangs sehr unterschiedliche Meldungen. Erst nach und nach kristallisierte sich heraus, dass an den Eroberungen neben der Tuareg-Separatistengruppe "Mouvement national de libération de l’Azawad" (MNLA) auch der Tuareg-Salafist Iyad Ag Ghaly und seine arabisch benannte Bewegung Ansar Dine ("Verteidiger des Glaubens") beteiligt war.
Mittlerweile kam es nicht nur zu Spannungen, sondern auch zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den beiden Gruppen, die dazu führten, dass Ansar Dine die MNLA aus dem Süden der Region mit den größeren Städten Timbuktu und Gao vertrieb. In beiden Orten stellten vor der Einnahme durch die Rebellen dunkelhäutige Songhai die Mehrheit. Die Tuareg leben dort ebenso wie Bozo, Fulbe, Mandingo, Araber und Bambara in eigenen Vierteln. Allerdings soll mittlerweile fast ein Drittel der etwa eine Million Einwohner Nordmalis auf der Flucht sein, weshalb unklar ist, wie sich die Bevölkerung dort aktuell zusammensetzt.
Nach der Vertreibung der MNLA setzt Ansar Dine Berichten aus Timbuktu nach streng salafistische Vorstellungen durch. Dazu gehören nicht nur Scharia-Körperstrafen, strenge Bekleidungsvorschriften, Musikverbote und die Umwandlung von Schulen in Medressen, sondern auch Zerstörungen von islamischen Mausoleen, Grabstätten, Büchern und anderen Heiligtümern, die derzeit in westlichen Medien deutlich mehr Aufsehen erregen als die vorhergehende Massenflucht von Menschen. Begründet werden die Zerstörungen damit, dass es sich dabei um "Götzenbilder" und Verstöße gegen den reinen Monotheismus handeln würde.
Mittlerweile sollen unter anderem die aus Lehm gebauten Mausoleen Sidi Mahmoud, Sidi Moctar und Alpha Moya sowie das "Heilige Tor" zur Sidi-Yahya-Moschee vollständig mit Kalaschnikows und Spitzhacken vernichtet worden sein. Auch eine Statue des Schutzpatrons der Stadt und ein Denkmal für die Demokratie wurden abgerissen. Masken und Figuren der Dogon und anderer nichtislamischer Volksgruppen waren dem Ikonoklasmus der Eroberer (ebenso wie Videospiele, französische Bücher, Leuchtreklamen und Aids-Aufklärungsplakate) bereits vorher zum Opfer gefallen.