Schottland weiter auf dem Weg zur Unabhängigkeit

Bei den Regionalwahlen kann die SNP deutlich zulegen und plant nun ein Referendum innerhalb der nächsten vier Jahre

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Der große Gewinner der gestrigen Regional- und Kommunalwahlen auf den britischen Inseln ist die Scottish National Party (SNP). Den bis zum Mittag ausgezählten Stimmen nach erhält sie mindestens 49 Sitze, während Labour auf 23, die Tories auf sieben, die Liberaldemokraten auf zwei und die Grünen auf einen kommen. Weil ein großer Teil der bereits gewonnenen SNP-Wahlkreise vorher von Labour, den Tories oder den Liberaldemokraten gehalten wurde, geht die BBC davon aus, dass die Partei am Ende mit 68 erstmals eine absolute Mehrheit der insgesamt 129 Sitze erhalten könnte. Alex Salmond, der Vorsitzende der SNP, bezeichnete das Ergebnis als "Wasserscheide" und kündigte an, dass man nicht nur mehr Selbständigkeit fordern, sondern innerhalb der nächsten fünf Jahre auch ein (eigentlich schon für 2010 geplantes, aber mit der letzten Minderheitsregierung nicht durchsetzbares) Unabhängigkeitsreferendum auf den Weg bringen wolle.

Ganz anders sehen die Ergebnisse in Wales aus, wo die Regionalpartei Plaid Cymru Sitze an ihren größeren Koalitionspartner Labour abgeben musste. Gewinnt Labour mindestens 31 Mandate, dann ist die Partei nicht mehr auf ein Bündnis mit Plaid Cymru angewiesen, um regieren zu können. In Nordirland, wo erst am Freitagmorgen mit der Auszählung begonnen wurde, zeichnet sich ab, dass die protestantische DUP und die katholische Sinn Fein wieder stärkste Parteien werden.

Verlierer der Kommunalwahlen in 279 englischen Städten und Gemeinden sind vor allem die Liberaldemokraten, denen offenbar die landesweite Koalition mit den Tories und die Regierungspolitik schadete. In Hull verloren sie die Mehrheit, in Sheffield (der Stadt, die vom Parteivorsitzenden Nick Clegg im Westminster-Parlament vertreten wird) ihre Position als stärkste Partei, in Liverpool 12 und in Manchester 10 Sitze. Die Tories, der große Gewinner der letzten Kommunalwahlen, hielten sich überraschend gut und die Labour-Partei, die 2007 insgesamt 642 Ratssitze verloren hatte, konnte von diesem sehr niedrigen Niveau ausgehend wieder Zugewinne verzeichnen.

Zusätzlich zu den Regional- und Kommunalwahlen fand im Vereinigten Königreich gestern auch eine Volksabstimmung über den Wechsel vom reinen Mehrheitswahlrecht zum AV-Präferenzwahlrecht statt, bei dem die Wähler die Kandidatenlisten absteigend nummerieren können. Diese Volksabstimmung hatte die Liberaldemokratische Partei, die von AV potenziell profitieren würde, im Koalitionsvertrag durchgesetzt. Weil viele Wähler das Referendum deshalb als Rachegelegenheit für gebrochene liberaldemokratische Wahlversprechen sahen, zeichnete sich in Umfragen ein Scheitern dieser Änderung ab. Genaueres dazu dürfte allerdings frühestens am Abend bekannt werden, da erst ab 17 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit mit der Auszählung dieses Referendums begonnen wird.

Update:

Seit 15 Uhr 30 steht fest, dass die SNP mit mindestens 65 Sitzen in jedem Fall eine absolute Mehrheit im schottischen Parlament hat. Von den zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgezählten 21 Mandaten fallen ihr wahrscheinlich noch einige weitere zu. In Wales verfehlte Labour die absolute Mehrheit mit 30 Sitzen knapp und benötigt dort weiterhin einen Koalitionspartner.

2. Update:

Insgesamt kommt die SNP nun auf 69 Sitze. Mittlerweile hat sich auch bestätigt, dass das AV-Wahlsystem mit einer deutlichen Mehrheit von fast 70 Prozent abgelehnt wurde.