Schulstreiks: Forderungen an die EU
Schüleraktionen gehen weiter. Offener Brief an EU wird auch von zahlreichen Wissenschaftlern unterstützt. "Werteunion" stänkert
Freitag ist für die Schüler noch immer Klimastreiktag, wenn auch durch die Corona-Auflagen stark beschränkt. Für die junge Schwedin Greta Thunberg, die die globale Bewegung 2018 angestoßen hat, war es die 100. Woche.
Kleine Kundgebungen, manchmal nur Online-Postings, gab es gestern unter anderem in Japan und Kolumbien. In Moskau wurde mal wieder ein Klimaaktivist festgenommen. In Deutschland gab es in 16 Städten Aktionen und zum Teil die ersten Demonstrationen seit langem, unter anderem in Halle, Dortmund, Berlin, München und auf der nordfriesischen Insel Pellworm.
Aus den Reihen der internationalen Fridays-for-Future-Bewegung ist in diesen Tagen ein offener Brief an die Staats- und Regierungschefs der EU geschrieben worden, die sich derzeit zu einem Gipfel treffen, auf dem vor allem über den Haushalt für die kommenden Jahre beraten wird.
Der noch zur Zeichnung offene Brief wurde bisher von über 300 Wissenschaftlern, einigen Nobelpreisträger und Prominenten sowie von über 50.000 weiteren Personen aus 50 Ländern unterschrieben.
In dem Brief wird unter anderem gefordert, sofort alle neuen Investitionen in fossile Energieträger und ihre Infrastruktur einzustellen und feste und bindende Treibhausgasbudgets für alle EU-Länder einzuführen. Die Budgets müssten so bemessen sein, dass sie der Menschheit eine 66-prozentige Chance einräumen, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu beschränken. Damit würde jedem Land verbindlich eine Menge an Gesamtmenge an Emissionen zugewiesen, die es in den kommenden Jahrzehnten noch in die Luft blasen dürfte.
Über ein "Investitionsprogramm für die nächste Generation" zu reden und dabei die Klimakrise und den wissenschaftlichen Kenntnisstand zu ignorieren, sei ein Verrat an allen "nächsten Generationen", heißt es in dem Brief weiter. Die Politiker würden eine unverantwortliche Wette ("irresponsible gamble") eingehen. Die EU-Klimaziele seien unzureichend und bedeuteten eine Aufgabe des Klimaschutzes. "Das ist für uns einfach keine Option."
Die Unterzeichner fordern zugleich unmissverständlich ein, was sie Klimagerechtigkeit nennen:
"Entwickeln sie Klimapolitik, die die Arbeiter und die am meisten Gefährdeten schützt und alle Formen der Ungleichheit – sei es ökonomische, rassische oder geschlechtsbasierte – abbaut."
Hans-Georg Maaßen, Mitglied der "Werteunion" und ehemaliger Präsident des Inlandsgeheimdienstes, der unter seiner Leitung vor allem durch die massive, willentliche oder versehentliche Behinderung der Ermittlungen rund um das NSU-Terrornetzwerk auffiel, nimmt derweil den offenen Brief zum Anlass, junge Frauen zu denunzieren.
Luisa Neubauer und Greta Thunberg, die zu den Initiatorinnen des Briefs gehören, könnten womöglich so verstanden werden, dass sie die Abschaffung der Demokratie und die Errichtung einer Klimadiktatur verlangen, twitterte er am Donnerstag.
Wie absurd dieser Vorwurf ist, zeigt unter anderem ein Blick in den Brief, der die EU-Regierungen explizit auffordert, die Demokratie zu schützen. Offensichtlich hat Maaßen aber eine ganz andere Vorstellung vom Inhalt der Demokratie.
Interessant jedenfalls, dass sich der Werteunionist an den bei Rechten so beliebten diffamierenden Angriffe auf selbstbewusste prominente Frauen beteiligt, die zuletzt in einer Serie von Morddrohungen gegen linke Politikerinnen, Medienschaffende und Anwältinnen gipfelten.
Wie dem auch sei: Während am Sonntag in Erkelenz im rheinischen Braunkohlerevier Tagebau-Anwohner und Unterstützer gegen die Zerstörung ihrer Dörfer demonstrieren, wird in Portugal der Kohleausstieg erneut vorgezogen. Erst hieß es 2030, dann 2023 jetzt 2021.
Schweden hat ebenfalls zwei Jahre vorgezogen und bereits letzte Woche das letzte Kohlekraftwerk abgeschaltet. Griechenland, neben Weltmeister Deutschland größter Braunkohlenutzer der EU, will seine Kraftwerke aus wirtschaftlichen Gründen 2023 schließen. Nur eine neue Anlage soll noch bis 2028 weiter laufen.