Seehofer stellt Studiengebühren in Frage [Update]

Wissenschaftsminister Heubisch soll bis zum September eine genaue Bilanz vorlegen

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Niedersachsen könnte bald das einzige deutsche Bundesland sein, in dem noch Studiengebühren erhoben werden. Denn nach deren (beschlossener oder bereits durchgeführter) Abschaffung in Hessen, Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Baden-Württemberg hat nun auch Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer das in den 1990er Jahren in Mode gekommene Instrument in Frage gestellt. Der Augsburger Allgemeinen sagte er, dass es "nicht sein [könne], dass wir Gebühren erheben und nicht wissen, wofür wir sie ausgeben."

Die Forderung geht auch gegen den bayerischen Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch, mit dessen Verwendungsbericht der Ministerpräsident offenbar nicht sehr zufrieden ist, weshalb er ihn – wenn man so will – über die Sommerferien nachsitzen lässt. Im September, so Seehofer, wolle er von dem bislang recht glücklos agierende FDP-Politiker "noch einmal ganz genau hören", wohin die Gelder fließen.

Hintergrund ist, dass die Verbesserung der Lehre, die man mit den jährlich rund 150 Millionen Euro Gebühren geplant hat, offenbar nur in sehr begrenztem Ausmaß stattgefunden hat. Und hinter mehr oder weniger vorgehaltener Hand geben Universitätsmitarbeiter zu, dass sie die Beiträge häufig für überflüssige Bücher oder Ausflüge ausgeben, nur um es loszuwerden. An der Volkswirtschaftlichen Fakultät der Münchener Ludwig-Maximiliams-Universität bezuschusste man damit sogar eine Studentensause und die Juristen verwendeten es dazu, den Klausurenkorrektoren das Honorar kräftig zu erhöhen, obwohl auch zu den alten Tarifen keineswegs ein Mangel an Bewerbern für diese Tätigkeit bestand.

In Teilen der CSU soll zudem die Sorge umgehen, dass leistungsfähige Abiturienten sich zukünftig auf die gebührenfreien Bundesländer verteilen könnten, während die minder begabten Söhne und Töchter begüterter Eltern in Bayern und Niedersachsen verbleiben.

Allerdings verläuft der Riss in dieser Frage nicht nur zwischen CSU und FDP, sondern auch durch die Parteien hindurch: Während der gelernte Zahnarzt Heubisch auf Seehofers "Watschn" im Bayerischen Rundfunk erwartungsgemäß pikiert reagierte und einen "bayerischen Alleingang" forderte, meinte FDP-Fraktionschef Thomas Hacker überraschend: "Wenn der Finanzminister die Finanzierung der Hochschulen sicherstellen kann, können wir die Studiengebühren auf den Prüfstand stellen". FDP-Generalsekretärin Miriam Gruß ging sogar noch einen Schritt weiter und forderte in der Süddeutschen Zeitung, dass langfristig "von der frühkindlichen Bildung bis zur Hochschulausbildung keine Gebühren anfallen sollen". Ein erster mit dem Präsidium abgesprochener Schritt dazu sei die Abschaffung der Studiengebühren noch in dieser Legislaturperiode.

Update: Dem Radiosender B5 zufolge ruderte der bayerische Ministerpräsident mittlerweile wieder zurück und meinte, ihm sei es mit seiner Forderung lediglich um die Verwendung der Studiengebühren und nicht um deren Abschaffung gegangen.