Senvion: Entlassungen trotz Umsatzsteigerung

Mit Husum und Trampe will der der Windkraftanlagenhersteller zwei Standorte in strukturschwachen Regionen schließen

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Großes Zähneknirschen beim norddeutschen Windkraftanlagenbauer Senvion. Hunderte Arbeitsplätze in verschiedenen Werken sollen abgebaut werden. Der Umsatz steigt zwar, allein mit dem Gewinn hapert es, wie das Handelsblatt berichtet. Erst 2019 erwartet der Vorstand, wieder in den Bereich schwarzer Zahlen zu kommen. Zuletzt waren trotz eines regen Markts die Auftragseingänge 2016 in der Hamburger Konzernzentrale eher verhalten gewesen. Das heißt, dass es voraussichtlich auch in den nächsten beiden Jahren mit dem Absatz nicht so richtig voran gehen wird.

Dabei ist es nicht so, dass das Unternehmen kein Geld erwirtschaftet hat. Das sogenannte Ebitda, das Ergebnis vor dem Abzug von Steuern, Zinsen und Abschreibungen, betrug immerhin 9,3 Prozent des eingesetzten Kapitals. Nicht schlecht angesichts dessen, was ein Sparbuch einbringt, doch für die Aktionäre nicht genug. Unterm Strich machte der Konzern ein Minus von 65 Millionen Euro. Das Geld landete bei den Gläubigern und beim Fiskus.

Das Unternehmen, dessen Mehrheitseigner bis vor zwei Jahren der indische Windkraftanlagenhersteller Suzlon war und dann von einem US-amerikanischen Investmentfonds übernommen wurde, kämpft mit dem Kostendruck am Markt. Aufgrund der erheblichen Konkurrenz wird kräftig an der Preisschraube gedreht. Senvion hat sich zum Ziel gesetzt, die Stromgestehungskosten, das heißt, die Kosten von Neuanlagen umgerechnet auf den mit ihnen erzeugten Strom, jährlich um vier bis sechs Prozent abzusenken.

Um das zu erreichen, soll offensichtlich vor allem an den Lohnkosten gespart werden. Obwohl das Unternehmen mit stark wachsenden Umsätzen und steigender Nachfrage rechnet, wird zugleich die Schließung der Produktionsstätten in Husum, an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste, und im brandenburgischen Trampe, nordöstlich von Berlin, vorbereitet. In Trampe soll bereits Mitte Mai Schluss sein. Alle Maschinen will man dort abräumen und eine leere Halle zurücklassen.

Auch in Husum, wo ein Teil des Unternehmens einst aus der dortigen Husumer Schiffswerft hervorgegangen ist, sollen die Tore geschlossen werden. Insgesamt sollen 730 Mitarbeiter auf die Straße gesetzt und die hiesige Produktion auf den Standort in Bremerhaven konzentriert werden. Daneben verfügt Senvion noch über eine Produktionsanlage in Portugal, die vermutlich einen Teil der bisher hierzulande geleisteten Fertigung übernehmen wird.

"Move Forward" nennt Senvion-Vorstand Jürgen Geißinger sein Entlassungsprogramm. Im vergangenen Jahrzehnt hatte er sich bereits beim Autoteilezulieferer Schaeffler einen Namen als Rausschmeißer gemacht. Seit rund einem Jahr ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen des Verdachts auf Bestechung und Steuerhinterziehung in seiner Zeit bei Schaeffler.

Die beiden betroffenen Standorte liegen in Regionen mit ohnehin hoher Arbeitslosigkeit und wenig Industriearbeitsplätzen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund spricht in einem Solidaritätsschreiben an die Beschäftigten von einem Armutszeugnis für das Management. Zur sozialen Marktwirtschaft gehöre auch die Verantwortung der Kapitalseite für die Beschäftigten.