Siegfried Kauders einsamer Kampf gegen Abgeordnetenbestechung
Sein Vorstoß zur Unterstützung eines neues Gesetzes scheitert an Parteikollegen in der Union und am Koalitionspartner FDP
Siegfried Kauder (CDU) kämpft derzeit einen Kampf, der für Abgeordnete aus der schwarz-gelben Koalition äußerst ungewöhnlich ist: den Kampf gegen Abgeordnetenbestechung. Mit einem fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf, den neben Kauder auch alle Oppositionsfraktionen einschließlich der Linken unterstützen, soll nicht nur die "Vorteilsannahme von Mandatsträgern", sondern auch die Vorteilsgewährung unter Strafe gestellt werden.
Der Gesetzentwurf ist doppelt bemerkenswert: Immerhin hat sich Kauder lange Zeit strikt gegen ein derartiges Gesetz gewehrt. Dass er es nun sogar gemeinsam mit der Linksfraktion, die auch bei fraktionsübergreifenden Vorhaben gern einmal außen vor gelassen wird, in den Bundestag einbringen will, zeigt: Kauder meint die Sache ernst.
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Mandatsträger in Bund, Ländern und Gemeinden, die einen Vorteil annehmen oder fordern und dafür eine Gegenleistung liefern, mit bis zu fünf Jahren Haft oder einer Geldstrafe bestraft werden können. Auch derjenige, der versucht einen Abgeordneten zu bestechen, soll so bestraft werden. Auch das Recht, gewählt zu werden oder selbst zu wählen soll einem bestechlichen Abgeordneten dem Entwurf zufolge aberkannt werden können, wenn mindestens eine Haftstrafe über ein halbes Jahr verhängt wurde. Auch die "Verschaffung von übermäßig lukrativen Nebentätigkeiten, Ämtern, Mandaten und Funktionen" soll dem Entwurf zufolge strafbar werden, Parteispenden hingegen bleiben ausdrücklich erlaubt.
Doch aus Kauders Vorstoß wird offensichtlich nichts - weil seine Parteifreunde von der Union, aber auch die FDP nicht mitspielen. Jerzy Montag (Grüne) zufolge war kein einziger Abgeordneter der Regierungskoalition, mit Ausnahme von Kauder selbst, bereit, den Entwurf zu unterstützen. Montag erklärt den Versuch, die Abgeordnetenbestechung unter Strafe zu stellen, daher für gescheitert. Kauder selbst will jedoch offenbar noch nicht aufgeben.
Auf der nächsten Sitzung des Rechtsausschusses, so sagte er gegenüber Telepolis, bestehe noch einmal die Möglichkeit, den Entwurf zu behandeln. Dies sei jedoch die letzte Chance, um das Gesetz noch vor der Bundestagswahl beschließen zu können. Besonders enttäuscht zeigt sich Kauder darüber, dass sich seine Kollegen von Union und FDP nicht einmal dazu äußerten, ob sie den Entwurf überhaupt wollen oder nicht. Auf Kauders Vorschlag, den Entwurf als Gruppenantrag im Rechtsausschuss einzubringen, habe es schlichtweg keine Reaktion gegeben. Stattdessen werde die Behandlung des Papiers immer wieder verschoben.
Montag wirft der Koalition deshalb vor, die Behandlung der Abgeordnetenbestechung im Bundestag unterbinden zu wollen und spricht in diesem Zusammenhang von rechtspolitischer Sabotage und einem Missbrauch der Mehrheitsrechte durch Schwarz-Gelb.
Für die Koalition lohnt es sich jedoch, den Vorstoß von Kauder auszusitzen. Denn bei der nächsten Bundestagswahl tritt der unbequem gewordene Rechtspolitiker nicht mehr an. Ohne den Mahner in den eigenen Reihen aber hat es die Koalition noch leichter, die Forderungen der Opposition nach einem harten Vorgehen gegen Bestechung vom Tisch zu fegen.