Smog in China: Beijing will weniger Autos

Die Luftverschmutzung in Chinas Industriestädten nimmt drastische Ausmaße an, Behörden versuchen die Notbremse zu ziehen. Schlechte Nachrichten für die deutschen PKW-Hersteller

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In Chinas Großstädten nimmt die Luftverschmutzung inzwischen lebensbedrohliche Ausmaße an. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet von einem achtjährigen Mädchen, das in der Provinz Jiangsu an einer vielbefahrenen Durchgangsstraße lebt und an Lungenkrebs erkrankt sei. Der Fall der "jüngsten Lungenkrebspatientin" des Landes habe für einen öffentlichen Aufschrei gesorgt.

Längst hat die Umweltverschmutzung im Land der Mitte ein Niveau erreicht, das die Menschen auf die Straße treibt. Im Süden des Landes, im Kreis Renhua in der Provinz Guangdong, nicht allzu weit von Hongkong, kam es Anfang der Woche zu heftigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei, berichtet das Internetmagazin Asia Times Online. Auslöser waren die hohen Bleiwerte, die die Bewohner eines Dorfes in ihrem Blut festgestellt hatten. Sie machen dafür ein Industriegebiet in der Nähe ihres Trinkwasserreservoirs verantwortlich, in dem nun auch noch eine Abfallbeseitigungsanlage gebaut werden soll.

Unterdessen hat das chinesische Umweltministerium gefordert, dass Schulen und Betriebe bei schwerem Smog geschlossen werden müssen. Für den Verkehr müssten in solchen Fällen Beschränkungen erlassen werden, und auch industrielle Luftverschmutzer müssten die Produktion einstellen.

Zu den besonders schwer von Smog betroffenen Städten gehört auch die Hauptstadt Beijing (Peking). Die Nachrichtenagentur Xinhua schreibt, dass die US-Sängerin Pattin Austin dort am 18. Oktober einen Auftritt wegen eines Asthmaanfalls habe absagen müssen. Eine offizielle Erklärung für die Ursache habe es vom Veranstalter nicht gegeben, aber die Feinstaubbelastung sei in der Stadt an diesem Tage sehr hoch gewesen.

Seit Beginn des Jahres gebe es einen erhöhten Druck auf die Behörden. Im Januar habe es in Beijing nur fünf Tage ohne Smog gegeben. Im September hat die Zentralregierung ein rund 180-Milliarden Euro schweres Programm aufgelegt, mit dem in den nächsten fünf Jahren die Luftverschmutzung bekämpft werden soll. Immerhin gibt es seit kurzem ein System von landesweit 668 Messstationen, das den schlechten Zustand der Luft dokumentiert. Auch in Westdeutschland wurden seinerzeit in den 1970er und 1980er Jahren solche Messungen auf Druck der Umweltbewegung eingeführt.

Der Stadtrat von Beijing hat unterdessen bekannt gegeben, dass die Zahl der Kraftfahrzeugzulassungen eingeschränkt werden soll. Statt wie zuletzt 240.000 werde es in den nächsten Jahren nur noch jeweils 150.000 geben. Auch soll die Zahl der Lizenzen, die sparsamen Autos und solchen mit "alternativen Antrieben" vorbehalten sind, schrittweise von jährlich 20.000 auf 60.000 im Jahre 2017 erhöht werden. Das könnte sich unter Umständen zu einem erheblichen Anreizprogramm für Elektrofahrzeuge entwickeln.

Anfang der Woche hat der chinesische Chefunterhändler bei der nächste Woche beginnenden UN-Klimaschutzkonferenz in Warschau darauf hingewiesen, dass "der Grund für die Luftverschmutzung und den Klimawandel die selbe Ursache habe – die Verbrennung fossiler Brennstoffe". Viele der Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung seien daher gleich, zum Beispiel die Reduzierung des Kohleverbrauchs und die Begrenzung der Zahl der Kraftfahrzeuge.

Es bleibt also abzuwarten, ob das Beispiel Beijings Schule macht. Für die deutsche PKW-Industrie, deren wichtigster Auslandsmarkt China inzwischen ist, wären das ausgesprochen schlechte Nachrichten, fürs Klima hingegen gute.