Sozialgeld streichen, um Unternehmenssteuern zu senken
Die spanische Regierung forciert ihre ungerechten Kurs und geht weiter auf Crash-Kurs zu den Gewerkschaften
Wer in Spanien vom Nicolaus bestraft und wer von ihm belohnt wird, hat die Regierung unter Ministerpräsident José Rodriguez Zapatero heute einmal mehr deutlich gemacht. Der Chef einer Partei, die das Wort sozialistisch im Namen führt, hat im Parlament ein weiteres Krisenpaket angekündigt. Drei Punkte stechen besonders hervor: Das vor gut einem Jahr eingeführte Sozialgeld wird ersatzlos gestrichen, die Steuern für Klein- und Mittelbetriebe werden gesenkt und Privatisierungen vorangetrieben.
Anders als "antiökonomisch, zutiefst unsozial und widersprüchlich", wie die große spanische Gewerkschaft Arbeiterkommissionen (CCOO) das Paket bezeichnet, kann man diese Maßnahmen nicht nennen. Nach bisherigen Kürzungen des Sozialgelds wird es nun ganz abgeschafft, obwohl es erst im August 2009 eingeführt worden war. Dabei muss gesagt werden, dass die 426 Euro monatlich ohnehin nur sechs Monate an die gezahlt werden, die kein anderes Auskommen mehr haben, weil auch der Bezug von Arbeitslosengeld ausgelaufen ist. Es war nur ein schwacher Ersatz für eine Sozialhilfe, die es in vielen Regionen des Staates nicht gibt. So war es der CCOO-Sprecher, der Zapatero daran erinnerte, dass ab Februar, wenn die Maßnahme ausläuft, erneut zahllose Familien jede Unterstützung verlieren. Fernando Lezcano erinnerte daran, dass es schon etwa 500.000 Haushalte keinerlei Einkommen oder Unterstützung mehr haben. Da im September 615.771 Personen die Stütze erhalten haben, stehen auch sie demnächst ganz ohne Geld da.
An dem Sozialgeld, kann der gesamte chaotische Schlingerkurs einer kopflosen Regierung beobachtet werden, die sich nur noch von den Finanzmärkten und aus Brüssel vor sich hertreiben lässt. Zunächst gab man in der Krise das Geld ohne Sinn und Verstand mit beiden Händen aus, um angeblich die Wirtschaft anzukurbeln. Das massive Pflastern von Bürgersteigen, das Streichen von öffentlichen Gebäuden, etc. haben aber weder die Produktivität noch die Wettbewerbsfähigkeit gesteigert, noch den Anstieg der Arbeitslosigkeit gebremst, wie Spanien als EU-Rekordhalter zeigt. Dafür explodierte das Haushaltsdefizit 2009 auf offizielle 11,1% und mit der Dynamik konnte nicht einmal Griechenland mithalten, denn noch 2006 und 2007 verzeichnete Spanien Haushaltsüberschüsse von mehr als 2%.
Seitdem Griechenland vor der Pleite gerettet werden musste, trat Spanien, weil es das aus Brüssel diktiert bekam, heftig auf die Sparbremse. Als letzte Woche im Rahmen der Irland-Rettung die EU-Kommission daran zweifelte, dass Spanien 2011 die Sparziele erfüllen kann (wurde in Madrid sogleich wieder hektisch reagiert. Um die Ängste zu zerstreuen, dass Spanien nach Portugal in die Pleite gerissen wird, kündigte die Regierung neue Maßnahmen an. Dabei warf sie sich mit vagen Hoffnungen in die Arme der Unternehmer.
Ihnen versprach Zapatero weitere Reformen und nun zeigt sich, was neben der Rentenkürzung (genannt Anhebung des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre] gemeint ist. Während denen, die schon fast alles verloren haben, auch noch die 426 Euro gestrichen werden, bekommen die eine Belohnung in Form von Steuernachlässen, welche die Krise bisher auch dazu genutzt haben, um sich billig ihrer Belegschaft zu entledigen, staatlich gefördert über eine Arbeitsmarktreform, wohlgemerkt.
Statt die Einnahmen über eine Reichensteuer, eine erheute Steuer auf Kapitalerträge oder über eine Bankenabgabe zu erhöhen, wie es sogar die liberal-konservative Regierung in Großbritannien gemacht hat, vermisst man derlei in Spanien noch immer vollständig. Dass nun die Steuern für Klein -und Mittelbetriebe gesenkt werden, liegt ganz auf der bisherigen Linie, schließlicht hatte die Regierung die Unternehmenssteuern schon 2006 für alle Betriebe gesenkt.
Da Irland trotz der EU-Hilfe am geringen Körperschaftssteuersatz von 12% festhalten darf, steigt Spanien nun in den Steuerwettbewerb ein. Immer mehr Firmen werden als kleine oder mittlere Betriebe angesehen. Bis zu 10 Millionen dürfen die Betriebe künftig an Umsatz machen, ohne den Mindeststeuersatz auf Gewinne von 25% einzubüßen. Dazu sollen Privatisierungen, vor allem der Flughäfen in Madrid und Barcelona sowie der staatlichen Lotterie, Milliarden in die Staatskassen spülen.
Damit wird klar, warum nun auch Zapatero sein Heil vor allem im Export sieht, denn nun wird der lokale Konsum noch stärker einbrechen. Die Kauflaune vor Weihnachten wird sich in Grenzen halten. Nach zwei langen Jahren in der Rezession war die spanische Wirtschaftleistung in zwei Quartalen wieder minimal gewachsen. Doch der Sparkurs führte schon im dritten Quartal wieder zur Stagnation. Man muss kein Wahrsager sein, um vorhersagen zu können, dass Spanien wie Griechenland und andere Länder gerade zurück in die Rezession gesteuert wird. Damit gehen aber wieder Steuerausfälle und höhere Transferleistungen in die Sozialkassen einher.
Es scheint, Zapatero hat den Denkzettel aus Katalonien nicht verstanden, bei dem seine Partei am Sonntag die heftigste Wahlschlappe seit dem Ende der Diktatur einstecken musste. Der sozialistische Regierungschef wurde von den konservativen Nationalisten der CiU aus dem Amt gejagt - und die blasen auch schon zum Sturm auf Zapatero. Dessen Lage ist nach dem Debakel in Katalonien nun noch prekärer geworden. Er führt aber seinen Crash-Kurs fort und legt sich erneut mit den Gewerkschaften an, die schon gegen die Arbeitsmarktreform gestreikt hatten. Die Aussichten darauf, dass nun die Rentenreform bis Weihnachten im Konsens verabschiedet wird, sind seit gestern noch kleiner geworden und damit dürfte das Land, wenn auch diese Reform dekretiert wird, wieder auf einen Generalstreik zusteuern.