Spanien als Beispiel, warum die Rettungspakete nicht reichen werden
In Spanien wird ein massiver Preisverfall der Häuser für weitere faule Kredite sorgen.
Dass auch mit den bereits beschlossenen oder noch geplanten Rettungspaketen die Kriser nicht vorbei ist, dafür ist wohl Spanien das beste Beispiel, weil hier im Unterschied zum Nachbar Frankreich vieles ganz anders läuft. Hier werden nur wenige Wohnungen vermietet und fast immer Wohnraum gekauft. Dazu werden, wie in den USA, Irland, Großbritannien…, die Zinsen variabel vergeben. Das hohe Zinsniveau hat die Belastungen für die Familien, die auch unter einer überdurchschnittlich hohen Inflation und der höchsten Arbeitslosenquote in Europa leiden, noch zusätzlich mit hohen Zahlungen an die Banken belastet. Das ist ein gefährlicher Mix, auch wenn viele Experten von den angeblich so stabilen spanischen Banken reden. Die Bankenaufsicht in Madrid sei sehr scharf und die Kontrolle stark, mit harten Auflagen wäre eine Überschuldung der Banken verhindert worden. Sogar Brüssel habe Spanien dafür belächelt, weil Spanien damit der eigenen Wirtschaft unnötige Fesseln angelegt habe, meint zum Beispiel Hans Martens, Chief Executive des "The European Policy Centre" ( EPC).
Doch waren das nicht solche Einschätzungen, die noch vor einem Jahr vom hohen und stabilen spanischen Wachstum schwafelten und das Land als Beispiel für die erfolgreiche Integration und Vorbild in Europa gefeiert haben? Offenbar wollten oder konnten einige die Zeichen der Zeit nicht sehen und lassen sich auch jetzt noch an der Nase herumführen. Denn seit Jahren war klar, dass sich in dem Land eine Immobilienblase gefährlich aufbläst, die platzt, wenn man nicht langsam die Luft aus ihr herauslässt. Doch statt dies zu tun, ging auch die neue sozialistische Regierung lieber mit dem großen Pseudowachstum hausieren. Das wurde zu einem guten Teil mit Milliarden aus Brüssel finanziert, die Spanien deshalb mit allen Mitteln verteidigte, obwohl sie dem Land nach der Osterweiterung nicht mehr zustanden. Dabei hat sich Land dem Abgrund immer stärker genähert, weil es kaum nachhaltiges produktives Wachstum gab und es bei der Produktivität immer weiter zurückfällt. So setzte die Europäische Zentralbank in einer Studie das Land auf den vorletzten Platz vor Portugal und machte einen "technologischen Nachteil" und ein "wenig förderndes institutionelles Umfeld" verantwortlich.
Dass der Krise nun die größte Computermesse des Landes zum Opfer gefallen ist, wird diesen Nachteil noch verstärken. Die 48. Sino in Madrid wurde abgesagt, nachdem große Teilnehmer wie Microsoft, Toshiba, Telefónica, Vodafone und Orange nicht mehr teilnehmen wollten. Doch viel dramatischer für das Land ist, das in den vergangenen Jahren mehr Wohnungen gebaut hat, als Deutschland, Frankreich und Großbritannien zusammen, die Tatsache, dass bis zum Jahresende fast eine Million unverkäufliche Wohnungen aufgehäuft werden. Das hat die international tätige Firma Tinsa ermittelt, die Werte von Wohnungen festsetzt. Im dritten Quartal wurden nur noch 41 % der neu gebauten (75.000) Wohnungen auch verkauft. Schon jetzt warteten fast 700.000 Wohnungen auf einen Käufer und diese Zahl werde bis zum Jahresende auf 930.000 ansteigen. Doch der Bau wurde zumeist von spanischen Banken finanziert. Setzt man die durchschnittlichen Kosten für jede Wohnung mit 100.000 Euro an, dann klafft ein Loch von 100 Milliarden Euro. Erstaunt nun noch jemand, warum auch die spanische Regierung ein Rettungspaket genau in dieser Größenordnung per Dekret aufgelegt hat? Dabei behauptet sie gleichzeitig, die spanischen Banken seien stabil. Wie die Regierung haben aber auch die spanischen Banken bisher nicht mit Transparenz geglänzt. Und dann wundert man sich auch nicht, warum ausgerechnet das angeblich so transparente Spanien beim EU-Gipfel zur Eindämmung der Finanzkrise in Brüssel eine zentrale Kontrolle seiner Finanzinstitute ablehnt.
Doch das dicke Ende kommt für Spanien noch. Denn mit dem Anhäufen unverkäuflicher Wohnungen geht ein massiver Preisverfall einher, den man seit einem Jahr wegzudiskutieren versucht. Die Preise seien in einem Jahr um fast 5 % gefallen, stellte Tinsa fest und die Firma muss es wissen. Bedenklich ist auch, dass die Geschwindigkeit des Preisverfalls zunimmt, weshalb es in den ersten neun Monaten 2008 sogar schon fast 6 % sind.. In den großen Städten und Ballungsräumen werden sogar schon 6,5 bis 7,1 % Preisverfall ermittelt. Das bedeutet, dass viele Kredite von Wohnungen, die zum Höhepunkt der Immobilienblase gekauft wurden, längst faul sind. Denn die Wohnungen wurden nicht selten zu 100 % finanziert und sind nun durch nichts mehr gedeckt. Das war ein wesentlicher Auslöser der Finanzkrise in den USA.
Die neuen Bilanzierungsregeln, welche die EU wegen der Finanzmarktkrise gerade beschlossen hat, machen eine bessere Verschleierung möglich. Die Änderungen wurden in einem Eilverfahren von Kommission, Mitgliedsstaaten und Europäischem Parlament nun beschlossen. So müssen auch bestimmte Wertpapiere nicht mehr zu den aktuellen Marktpreisen bewerten werden. Finanzexperten kritisierten, mit der beschlossenen Verwässerung der Regel könne das Vertrauen in Bilanzen von Banken weiter untergraben werden.
Das Loch von mindestens 100 Milliarden Euro in den Bilanzen der spanischen Banken, wird aber trotz aller Bilanzierungsregeln schon wegen fallender Immobilienpreisen ständig größer. Dazu kommt, dass Kreditausfälle mit der zunehmenden Arbeitslosigkeit und mit der Dauer der Finanzkrise noch deutlich stärker zunehmen werden. Allein 2008 haben mindestens 600.000 Menschen zusätzlich aufs Arbeitsamt gewechselt. Allein im September stieg die Zahl um knapp 100.000, wobei die Sozialversicherung sogar gut 120.000 Beitragszahler verloren hat. Doch es gibt hier normalerweise nur durchschnittlich 12 Monate Geld, somit entstehen auch hier erneut zahlreiche Kandidaten für Kreditausfälle, weil immer mehr Menschen die Grenze überschreiten, kein Geld mehr erhalten und auch nicht mehr als Arbeitslose gezählt werden.