Spanien im Ölpreisschock
Die Regierung reagiert mit Tempolimit und günstigeren Bahntickets auf die hohen Ölpreise
Steigende Ölpreise belasten die wirtschaftlichen Entwicklung. Für Krisenländer wie Spanien gilt das besonders. Vielen darbenden Familien, die schwer unter einer Rekordarbeitslosigkeitsquote von fast 21% leiden, wurden schon zum Jahreswechsel Rekordpreise für Treibstoffe abverlangt. Dabei lag der Ölpreis noch weit entfernt von derzeitigen Preisen um 120 US-Dollar für ein Barrel (159 Liter).
Obwohl das Fass trotz der Krise in Libyen noch immer deutlich weniger als die fast 150 Dollar kostet, die Mitte 2008 bezahlt werden mussten, haben die Preise an spanischen Tankstellen für Benzin und Diesel die Rekordpreise von damals 34269: überschritten. So darf sich niemand wundern, wenn der große spanische Ölkonzern Repsol seinen Gewinn 2010 auf fast 4,7 Milliarden Euro verdreifacht hat.
Die spanische Regierung hat nun reagiert. Doch wer glaubt, dass sie den Ölkonzernen auf die Finger klopft, die ihre Oligopolstellung ausnutzen, hat sich getäuscht. Um den Verbrauch zu senken, dürfen ab dem 7. März auf Autobahnen und Schnellstraßen nur noch 110 statt 120 Stundenkilometer gefahren werden. In der Nacht vom 6. auf den 7. sollen alle Schilder überklebt werden. Zudem soll, wie in Deutschland, verstärkt der sogenannte Biosprit dem Benzin beigemischt werden. Der Anteil soll nun auf 7% steigen, womit allerdings der Druck auf Nahrungsmittelpreise weiter steigen wird. Damit will die Regierung den Verbrauch von Benzin um 15% und den von Diesel um 11% senken. Insgesamt sollen damit pro Jahr 18 Millionen Barrel Öl eingespart werden, hofft man in Madrid.
Als Nebeneffekt soll damit auch der Ausstoß der schädlichen Treibhausgase gesenkt werden. Dabei wäre ein solcher Schritt vor Jahren nötig gewesen, als Spanien sich immer weiter von seinen Klimaschutzzielen entfernte. Erst die schwere Wirtschaftskrise sorgt dafür, dass das Land den Zielen nun näher kommt. Deshalb geht Umweltschutzorganisationen das nun festgesetzte Tempolimit nicht weit genug. Sie werfen der Regierung vor, eine historische Chance verpasst zu haben, die Geschwindigkeit dauerhaft auf 100 Kilometer zu begrenzen.
Die Regierung begründete ihre Entscheidung damit, dass sie nicht wisse, wie lange die politische Instabilität im Norden Afrikas und in arabischen Ländern anhalte, weshalb jetzt gehandelt werden müsse. Ohnehin wirbeln die hohen Ölpreise den Sparhaushalt der sozialistischen Regierung durcheinander. Denn der Haushalt 2011 wurde auf der Basis eines Barrelpreises von 81 Dollar kalkuliert. Sprudelten die Steuereinnahmen mit steigenden Preisen reichlich, wird auch das Tempolimit Einnahmen einbrechen lassen. Der Staatskasse werden allein an Einnahmen aus der Mineralölsteuer etwa 5% fehlen, etwa 500 Millionen Euro. Fehlende Mehrwertsteuereinnahmen sind darin noch nicht eingerechnet. ()
Die Automobilclubs gehen davon aus, dass die Regierung diese Einnahmeausfälle durch das verstärkte Verteilen von Strafzetteln für Geschwindigkeitsüberschreitungen wettmachen will. Sie bezweifeln auch die erhofften Einspareffekte, weil der Verkehr sich vor allem auf den Nahverkehr in und um die Ballungsgebiete konzentriere. Doch um den Bürgern das Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel schmackhafter zu machen, sollen mit Inkrafttreten des Tempolimits die Bahnpreise auf Pendlerstrecken um durchschnittlich 5% gesenkt werden. Doch hier kommt ein Aufschrei aus den Regionen wie Katalonien, die für den Nahverkehr auf den Bahnstrecken zuständig sind. Katalonien fordert für die Einnahmeausfälle eine Kompensation aus Madrid, weil der Zentralstaat der ohnehin unterfinanzierten Region erneut Lasten auflädt, während es der Zentralstaat war, der bisher die Mehreinnahmen an Mineralöl- und Mehrwertsteuer eingesteckt hat.