Spanien vor dem Absturz?
Die Verunsicherung sorgt dafür, dass das Land nun schon 6% Zinsen für Staatsanleihen bezahlen muss
Schaut man sich die Entwicklung der hochschießenden Zinsen für spanische Staatsanleihen an und zieht Parallelen zur Entwicklung in Griechenland oder Irland, steht das Urteil fest: Spanien ist nicht mehr zu retten und muss vom EU-Rettungsschirm aufgefangen werden.
Griechenland musste, kurz bevor es sich im April in die rettenden Arme der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) fallen ließ, 6,7% Zinsen für seine Anleihen bieten. Damals hatten Optimisten es noch als positives Signal gewertet, dass sich das Land am Kapitalmarkt noch Geld besorgen konnte. Ähnlich sah es kürzlich in Irland aus. Kurz bevor das Land zur Bankenrettung unter den Rettungsschirm kroch, waren die Zinsen für irische Staatsanleihen auf 7% gestiegen, auf den höchsten Stand seit der Euro-Einführung 1999.
Von diesen Werten ist Spanien nicht mehr weit entfernt. Nachdem die Ratingagentur Moody's den negativen Ausblick für das Land bestätigt hat, weil wegen des harten Sparkurses kaum mit Wachstum zu rechnen ist und zudem berechtigte Zweifel an den spanischen Kreditinstituten bestehen, musste Spanien heute hohe Zinsen für Staatsanleihen bieten, um die Anleihen losschlagen zu können. Für eine Laufzeit von 15 Jahren muss Spanien 5,97% Zinsen berappen und 5,49% für Papiere mit einer Laufzeit von 10 Jahren. Viel Geld geht also für Zinsen drauf, das sich das Land 10 und 15 Jahre lang an anderen Stellen vom Mund absparen muss. Damit wird eine Erholung für lange Zeit noch stärker belastet, weil das Geld für Bildung, Investitionen, Infrastruktur, etc. fehlen wird.
Sehr bedenklich ist die Dynamik, mit der diese Renditen in die Höhe schießen. Noch Mitte November musste Spanien für zehnjährige Anleihen 4,6% bieten. Auch das waren schon 11% mehr als bei der vorhergehenden Emission. Nun ist aber in nur drei Wochen der Zinssatz erneut um 18% gestiegen. Für die Anleihen mit einer Laufzeit von 15 Jahren sogar um 31%. Zuletzt musste Spanien Ende Oktober dafür 4,5% bieten. So herum versteht man die hitzige Debatte um die Ausweitung des Rettungsschirms, die vor dem heutigen EU-Gipfel in Brüssel voll entbrannt ist.
Denn Spanien schließt bei den Zinssätzen zu Portugal auf. Um Druck vom Nachbarn - schließlich das viertgrößte Euroland - zu nehmen, war Portugal ohnehin schon nahe gelegt worden, den Rettungsschirm in Anspruch zu nehmen. Daraufhin begann in Portugal die Debatte darüber, eventuell aus dem Euro auszusteigen. Klar ist längst, dass beiden Ländern der Kotau vor den Ratingagenturen, dem Internationalen Währungsfonds sowie Berlin und Brüssel nichts bringt, denn die Zinsen schießen weiter nach oben, obwohl deren Rezepte durchgezogen werden.
Die immer neuen Sparpläne führen aber nicht nur zur Massenarmut in diesen beiden Ländern. Sie werden, angesichts schwacher Wachstumsraten, nach Griechenland wieder tief in die Rezession zurückgeführt. Das wird kaum dazu beitragen, dass Spanien und Portugal ihre Krise alsbald meistern können. Anders als Griechenland, Italien und Irland hätten beide Länder weiterhin einen relativ großen Spielraum für eine andere Politik, weil ihre Staatsverschuldung 2009 trotz hoher Haushaltsdefizite sogar noch unter dem EU-Durchschnitt lag. Stattdessen führen ausgerechnet die sozialistischen Regierungen die beiden Länder in schwere soziale Konfrontationen.
Spanien will heute sogar den verhängten "Alarmzustand" bis 15. Januar verlängern, um mögliche Streiks von Fluglotsen über Weihnachten auszuhebeln. Die Gewerkschaften haben die Regierung aber gerade davor gewarnt, dass eine dekretierte Rentenreform zu einem neuen Generalstreik führen würde. Die will die Regierung im Eilverfahren durchdrücken, nachdem sie dies den Unternehmern versprochen hat. Am Samstag wird es wegen der Pläne in vielen Städten Großdemonstrationen geben. Ein neuer Generalstreik würde wohl unweigerlich zu einer neuen Herabstufung der Kreditwürdigkeit führen, mit der Moody's schon droht. Das würde wohl noch höhere Zinsen und die Auslösung der Nothilfe mit sich bringen.