Starrichter Garzón zu 11 Jahren Berufsverbot verurteilt

Wegen seiner dubiosen Ermittlungen ist nun der spanische Ermittlungsrichter wegen Rechtsbeugung verurteilt worden

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Mit dem heutigen Tag ist das Ende der Karriere des umstrittenen spanischen Ermittlungsrichter Baltasar Garzón gekommen. Im ersten von drei Verfahren hat der Oberste spanische Gerichtshof den Ermittlungsrichter mit einem Berufsverbot von elf Jahren wegen Rechtsbeugung belegt. Garzón hatte sich international als "Pinochet Jäger" einen Namen gemacht, als er 1998 den chilenischen Ex Diktator Augusto Pinochet in London festsetzen ließ. Auch wenn ihm die Auslieferung nach Spanien nicht gelang, halten ihn seither viele für einen Helden, weil er dem Prinzip der universellen Gerichtsbarkeit zum Durchbruch verholfen habe.

Doch Garzóns Ermittlungsmethoden waren in Spanien stets umstritten, weil er oft gegen fundamentale Grundsätze eines Rechtsstaats verstieß und seine Anklagen nicht selten auch auf Foltergeständnisse stützte, während er gegen die Folterer nicht ermittelte. Zum Verhängnis wurde ihm, dass er seine in Terrorismusverfahren geduldete Praxis auch gegenüber Politikern der konservativen Volkspartei (PP) angewandt hat. So wurde ihn nun im ersten von drei Verfahren "permanente Rechtsbeugung" vorgeworfen. Ein schwerwiegenderen Vorwurf kann es gegen einen Richter kaum geben.

Garzón hatte im Rahmen von Korruptionsermittlungen gegen hochrangige PP-Mitglieder nicht nur die inhaftierten Angeklagten abhören lassen, sondern sogar ihre Gespräche mit ihren Verteidigern. Er begründete das im Verfahren damit, dass sie angeblich auch zu dem korrupten Netzwerk gehörten. "Das Recht auf Verteidigung ist fundamentales Recht eines Rechtsstaats", begründeten dagegen die obersten Richter ihr Urteil. "Mögliche Einschränkungen müssen besonders gerechtfertigt werden", heißt es im Urteil gegen Garzón. Die Abhörmaßnahmen seien aber angeordnet worden, ohne irgendwelche Hinweise vorzulegen, "dass die Anwälte die Verteidigerrechte dazu benutzt haben, um neue Delikte zu begehen". Damit hat sich die Staatsanwaltschaft, in Spanien ein Ministerium, vollständig blamiert. Die Behörde, die bis kürzlich noch der sozialdemokratischen Regierung unterstand, wollte keine Anklage gegen Garzón erheben und hatte auf Freispruch plädiert. Dass die sieben Richter am Obersten Gerichtshof das Urteil einstimmig gefällt haben, lässt kaum mehr Spielraum für eine andere Rechtsauslegung zu, da auch im Vorfeld schon diverse Juristenverbände kritisiert hatten, dass Garzón die Verteidigerrechte aushebele.

Damit ist geklärt, dass Garzón den Ermittlungen einen Bärendienst erwiesen hat. Hätte er sich die Abhörmaßnahmen nach vernünftigen Vorermittlungen genehmigen lassen, dann könnten die Aufnahmen nun in den Prozessen gegen die PP-Politiker verwendet werden. Die weisen nämlich deutlich auf Korruption und auf illegale Parteienfinanzierung hin. Pablo Crespo, der einst unter dem heutigen Ministerpräsident Mariano Rajoy in der PP-Regionalregierung Galiciens tätig war, hatte sich im Gespräch mit seinem Anwalt besorgt über Auslandskonten der Partei in der Schweiz gezeigt, welche die PP vor "große juristische Probleme" stellen würden. Dort fänden sich "Einnahmen", deren Herkunft nicht in der Buchhaltung verzeichnet sei, weshalb die Konten aufgelöst werden müssten.

Gespannt darf man auf das Urteil im zweiten Prozess sein, der gerade zu Ende geht, denn darin geht es um die Ermittlungen, die etwas Licht in die Verbrechen der Franco-Diktatur bis 1975 bringen sollten. War Garzón einst der Starrichter der PP-Regierung unter José María Aznar, begann er, nachdem er sich mit der PP überworfen hatte, plötzlich mit diesen Ermittlungen. Garzón stellt es so dar, als werde er für diese Ermittlungen angeklagt. Dabei beschränkten die sich ohnehin auf Vorgänge zwischen 1936 und 1952, damit lebende Verantwortliche wie der kürzlich verstorbene PP-Gründer Manuel Fraga Iribarne nicht belangt werden konnten.

Doch es stimmt nur zum Teil, dass Garzón dafür angeklagt wird. Zwar hat er gegen das Amnestie-Gesetz verstoßen, dass sich die ehemaligen Franquisten im Übergang selbst gegönnt haben, doch nach internationalem Recht verjähren solche Verbrechen nicht und können auch nicht amnestiert werden. In seiner Selbstherrlichkeit beging Garzón aber große Fehler. Als seine Kompetenz in der Frage angezweifelt wurde, weil er auch Massengräber öffnen lassen wollte, erklärte er sich eigenmächtig für zuständig.

Das war die Steilvorlage für die spanische Rechte, die sich vom Putsch 1936 und der Diktatur nie distanziert hat. Sie will natürlich verhindern, dass ihre Leichen aus den mehr als 1000 Massengräbern gezogen werden. Sie nutzte den fatalen Fehler, der Garzón ein weiteres Verfahren wegen Rechtsbeugung und seine Suspendierung einbrachte. Dazu kommt aber noch ein drittes Verfahren. Für dubiose Zahlungen, die er während einer Lehrtätigkeit in den USA mutmaßlich von der Santander-Bank erhalten hat, soll er ein Verfahren gegen deren Bankchef Emilio Botín eingestellt haben. Dieser Prozess ist noch nicht terminiert. Garzón ist aber nun schon am Ende.