Stopp der US-Drohnenangriffe in Pakistan?

Ein Beschluss des pakistanischen Parlaments droht damit, die Lieferwege der Nato für den Krieg in Afghanistan zu schließen, falls die USA weiter die Soveränität des Landes missachten

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Er habe den CIA-Chef Panetta angebrüllt, soll General Pascha, der Chef des pakistanischen Geheimndienstes ISI, dem pakistanischen Parlament mitgeteilt haben. Er habe also pakistanische Interessen sehr deutlich und bestimmt vertreten, so seine Botschaft an die Abgeordneten.

Bei dem von ihm genannten Treffen ging es um die CIA-Aktivitäten in Pakistan, also um Pakistans Souveränität. Wenig Zeit später führten, wie bekannt, US-Special-Forces eine tödliche Operation auf pakistanischen Boden durch, in Abbottabad, ohne, wie es heißt, die pakistanischen Behörden im Vorfeld davon unterrichtet zu haben. Mit "nervös" ist die Stimmung im Land nach der Killaktion gegen Bin Laden, soweit sie pakistanischen Medien entnommen werden kann, nur unzureichend wiedergegeben.

Die Führung steckt in Erklärungsnöten. Sie muss einer größeren internationalen Öffentlichkeit klarmachen, wie Bin Laden mehrere Jahre unentdeckt in einer Zone leben konnte, wo es von Militärs nur so wimmelte. Und der heimischen Bevölkerung muss sie erklären, weshalb die USA auf pakistanischem Terrain, ohne dafür Erlaubnis einzuholen, in einer auch völkerrechtlich sehr umstrittenen Weise, derart operieren konnten.

In den Diskussion in der pakistanischen Öffentlichkeit, bei der die Souveränität Pakistans das Zentrum bildete, war die Kritik an den USA eine Hauptströmung - bis hin zur Anklage, dass auch hinter dem Rache-für-Bin Laden-Bombenanschlag mit über achtzig Toten das Werk von CIA-Aktivitäten erkennbar ist.

Nun hat das Parlament einen Beschluss gefasst, der aufhorchen läßt: Die Tötungsaktion der US-Special-Operation-Forces wurde verurteilt und gefordert, dass die US-Angriffe auf pakistanischen Boden aufhören müssen. Die Drohnenangriffe seien "unakzeptabel". Sie sollen sofort gestoppt werden, sonst würde die Regierung dazu gezwungen, notwendige Schritte zu erwägen, die Nachschubwege der Nato, die sie für den Militäreinsatz in Afghanistan benötigt, zu schließen.

"Such drone attacks must be stopped forthwith, failing which the government will be constrained to consider taking necessary steps including withdrawal of (the) transit facility allowed to Nato."

Der Beschluss, den manche amerikanischen Kritiker des Afghanistan-Einsatzes begrüßen, zielt auf einen wunden Punkt. Pakistan, weitgehend abhängig von amerikanischen Milliarden-Dollar-Zuwendungen, hat nicht viel Gegenwehr gegen den übermächtigen "Partner" in der Hand; die Lieferwege nach Afghanistan sind für die USA sehr wichtig. Die Frage ist, ob diese Erklärung der Stärke auch wirklich durchgesetzt werden würde.

Dass hinter lautem Auftreten nicht immer der Wille und die politische Macht steht, das durchzusetzen, was man öffentlich verlangt, dafür liefert die pakistanische Armeeführung ein beredtes Beispiel. Bei der Parlamentsanhörung gab der Vizechef der pakistanischen Luftwaffe, Air Marshal Hassan, als erster Offizieller zu, was bis dato öffentlich bestritten wurde: Dass man den USA erlaubt habe, Drohnen von einer Luftwaffenbasis in Belutschistan abzuschicken. Solange die pakistanische Politik solche Hinterzimmerzusagen gibt, sind öffentliche Drohungen nur effektheischendes Gebrüll. Ob sich das im Fall des Parlamentsbeschlusses anders verhält?