Türkei: Windkraft wäre günstiger

Konservative Regierung hält unbeirrt an teuren AKW-Plänen fest, doch die örtliche Anti-Atom-Bewegung hat noch nicht aufgegeben

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Und noch etwas aus der Rubrik "billige Atomkraft": 22 bis 25 Milliarden US-Dollar (16,4 bis 18,8 Milliarden Euro) soll ein in der Türkei geplantes AKW mit vier Reaktoren kosten, schreiben die Deutsch-Türkischen Nachrichten unter Berufung auf die Tageszeitung Hürriyet. Das wären rund 4,5 Milliarden Euro pro Reaktor. Über die vorgesehene Leistung werden keine Angaben gemacht, aber sie dürfte wohl etwas über einem Gigawatt (GW) liegen. An anderer Stelle ist von insgesamt fünf GW die Rede, was also 1,25 GW pro Reaktor wären.

Für das gleiche Geld ließen sich, wenn man die Kosten für ein türkisches Windkraft-Großprojekt zugrunde legt, über das Telepolis im April 2012 berichtete, Windkraftanlagen mit einer Leistung von 3,5 GW errichten. Setzt man für diese eher konservativ 2000 Volllaststunden im Jahr an und für die Reaktoren ebenso konservativ 6000 Stunden, dann ergibt sich annähernd die gleiche erzeugte Jahresstrommenge (7 und 7,5 Terawattstunden). Wobei bei der Windkraft nur Wartungskosten anfielen, beim AKW aber noch der Brennstoff und Entsorgung finanziert werden müssten. Im Übrigen leiden AKW-Bauvorhaben meist unter dem Stuttgart-21-Syndrom, das heißt, sie neigen dazu, im Laufe der Zeit erheblich teurer als ursprünglich angegeben zu werden.

Die Meiler sollen am Schwarzen Meer in der Nähe der Hafenstadt Sinop entstehen. Unter den Bewerbern für den Bau war zunächst auch ein japanisches Konsortium, an dem Tokyo Electric Power Corporation beteiligt war, kurz TEPCO, ein Unternehmen, das bekanntlich über viel Erfahrung in Bezug auf den Betrieb der sensiblen Anlagen in Erdbebenregionen verfügt. Das war dann allerdings doch nicht mehr so überzeugend, wie örtliche Umweltschützer meinen.

Ein weiteres AKW ist an der Mittelmeerküste bei Mersin geplant. Dort soll der russische Hersteller Rosatom bauen. Im Dezember 2012 berichtete die englischsprachige Ausgabe von Hürriyet von örtlichen Protesten gegen die dortigen Pläne. nuekleer-kariti-kongre-toplandi&catid=2:nkp-habeleri&Itemid=20: Ein Bündnis von AKW-Gegnern habe das Genehmigungsverfahren undemokratisch genannt und Klagen angekündigt.

Die regierende islamisch-konservative Gerechtigkeitspartei AKP hält unterdessen unbeirrt an den Ausbauplänen fest. Bis 2023 sollen drei AKW mit jeweils mehreren Reaktoren entstehen. Und sieben Jahre später sollen bereits zehn Prozent des derzeit um acht Prozent per annum wachsenden Strombedarfs mit Atomkraft abgedeckt werden. Dafür hätte man dann lediglich 60 Jahre Vorlauf benötigt. Die Türkei wird übrigens von diversen tektonischen Verwerfungen durchzogen, an denen es immer wieder zu Erdbeben kommt. Aber natürlich wird man erdbebensicher bauen. So wie in Japan.